Marion Triess (marion.triess@rtg-auren.de), Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin
Die bisherigen Regelungen zur Mittelweitergabe (§ 58 Nr. 1 und 2 AO) sind mit dem Jahressteuergesetz 2020 zum 01.01.2021 in § 58 Nr. 1 AO zusammengefasst und erweitert worden. Das BMF hat im geänderten Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) zu den Details Stellung genommen.
Die neuen Weitergaberegeln lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Im ersten Fall muss die Mittelweitergabe also kein Satzungszweck sein. Das hat das BMF im AEAO-Änderungsschreiben vom 05.08.2021 (Az. IV C 4 – O 1000/19/10474 :004) auch ausdrücklich klargestellt. Sichergestellt sein muss aber, dass die Organisation daneben eigene gemeinnützige Tätigkeiten verfolgt. Sonst wäre die Gemeinnützigkeit gefährdet.
Bisher hatte die Finanzverwaltung die Auffassung vertreten, dass die teilweise Mittelweitergabe auf Einrichtungen in Deutschland, der EU und dem Europäischen Wirtschaftsraum beschränkt ist. Der Begründung des Gesetzesentwurfs zufolge (Deutscher Bundestag, Drucksache 19/25160 vom 10.12.2020) ist diese Einschränkung entfallen.
Das BMF folgt dieser Vorgabe und hat den Empfängerkreis auf folgende Mittelempfänger erweitert:
Wichtig: Bisher mussten Einrichtungen, die Mittel an Organisationen außerhalb des EU-/EWR-Raums weitergegeben haben, immer die Mittelweitergabe für den jeweiligen Zweck in die Satzung aufnehmen. Das entfällt jetzt und erleichtert die Mittelweitergabe ins Ausland erheblich.
„Mittel“ sind laut § 58 Nr. 1 AO S. 2 der Neuregelung sämtliche Vermögenswerte der Körperschaft. Laut der Gesetzesbegründung gehören dazu nicht nur Bar- oder Buchgeld, sondern auch alle anderen Vermögenswerte. Begünstigt ist also auch
Bisher durften nur Förderkörperschaften ihre Mittel unbeschränkt weitergeben. Das musste als Satzungszweck ausdrücklich geregelt sein. Bisher war das nur eine Vorgabe der Finanzverwaltung. Jetzt ist das im neuen § 58 Nr. 1 AO auch gesetzlich so geregelt.
Körperschaften, die einen Satzungszweck unmittelbar verfolgen und einen weiteren Satzungszweck ausschließlich durch Mittelweitergabe verwirklichen, müssen sowohl die unmittelbare Zweckverfolgung als auch die Mittelweitergabe als Satzungszweck angeben.
Beispiel: Ein gemeinnütziger Verein fördert laut Satzung die Zwecke Sport und Kultur. Nur den Zweck Sport fördert er unmittelbar, den Zweck Kultur durch Mittelweitergabe. Er muss jetzt auch die Förderung des Zwecks Kultur durch Mittelweitergabe als Art der Zweckverwirklichung in die Satzung aufnehmen.
Verwirklicht hingegen eine steuerbegünstigte Körperschaft einen Zweck sowohl unmittelbar als auch durch Mittelweitergabe, ist eine Satzungsklausel zur Mittelweitergabe nicht erforderlich.
Beispiel: Ein gemeinnütziger Verein fördert laut Satzung nur den Zweck Sport unmittelbar. Er kann Mittel an einen anderen Verein, der ebenfalls den Sport unmittelbar fördert, weitergeben. Die Mittelweitergabe als Art der Zweckverwirklichung muss er in die Satzung nicht aufnehmen.
Wichtig: Nach der alten Regelung in § 58 Nr. 1 AO war die Mittelweitergabe außerhalb der Satzungszwecke auf den nicht überwiegenden Teil des Vermögens beschränkt. Durch die Neuregelung ist eine solche Mittelweitergabe auch ohne Förderkörpereigenschaft in beliebiger Höhe möglich. Die Förderkörpereigenschaft hat deswegen an Bedeutung verloren. Sie ist vor allem für solche Organisationen unverzichtbar, die ausschließlich Mittel zur Weitergabe beschaffen.
Die Mittelweitergabe an andere Einrichtungen kann nicht nur durch Geld- und Sachzuwendungen erfolgen. Möglich ist es auch,
Die Empfängereinrichtung darf die überlassenen Leistungen und Mittel nur für steuerbegünstigte Zwecke verwenden. Ob das tatsächlich der Fall ist, kann die Gebereinrichtung nicht regelmäßig prüfen. Eine mögliche Mittelfehlverwendung geht deswegen immer zulasten der Empfängereinrichtung (AEAO zu § 58 Nr. 5).
Erfolgen die Überlassungen und Leistungen kostenlos oder nur zu Selbstkosten und fallen in den steuerbegünstigten Bereich der Empfängerkörperschaft, werden sie bei der Geberkörperschaft dem ideellen Bereich bzw. Zweckbetrieb zugeordnet. Das hat zur Folge, dass die eingesetzten Vermögensgegenstände aus zeitnah zu verwendenden Mitteln finanziert werden können.
Erfolgen Nutzungsüberlassungen oder Dienstleistungen aber gegen einen die entstandenen Kosten übersteigenden Betrag, fallen sie grundsätzlich in den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb bzw. die Vermögensverwaltung. Sie können damit nicht aus zeitnah zu verwendenden Mitteln finanziert werden. § 58 Nr. 1 AO gilt also nur für Überlassungen und Leistungen, die kostenlos oder höchstens zu Eigenkosten erbracht werden. Die steuerliche Zuordnung der Mittelweitergabe bei der Gebereinrichtung erfolgt also nach folgendem Schema:
Wichtig: Anfallende Kosten werden dem gleichen steuerlichen Bereich zugeordnet.
Die Neuregelung der Mittelweitergaben wurde um eine Vertrauensschutzregelung im neuen § 58a AO ergänzt. Bisher war nicht gesetzlich geregelt, inwieweit der Geber die Mittelverwendung beim Empfänger kontrollieren muss bzw. haftet, wenn diese die Mittel nicht zweckgebunden verwendet.
Die Finanzverwaltung war aber der Meinung, dass eine Mittelfehlverwendung dem Empfänger zuzurechnen wäre (AEAO, Ziffer 2, S. 11 zu § 58 Nr. 2 AO alt).
Unter diesen Voraussetzungen genießt der Geber Vertrauensschutz
Der neue § 58a AO schließt diese Regelungslücke. Danach besteht ein Vertrauensschutz für den Mittelgeber, wenn er sich anhand eines vorgelegten Nachweises über die Gemeinnützigkeit von der Steuerbegünstigung des Empfängers überzeugt.
Der erforderliche Nachweis ist die übliche Bescheinigung über die Gemeinnützigkeit eines Vereins, also
Das BMF stellt dazu klar, dass diese Vertrauensschutzregelung auch für den Vermögensanfall (bei Auflösung der Körperschaft oder Wegfall der gemeinnützigen Zwecke) gilt.
Bei Zuwendungen an juristische Personen des öffentlichen Rechts gilt – unabhängig von § 58a AO – stets der Vertrauensschutz, weil die Verwaltung nach Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden ist. Zuwendende dürfen folglich darauf vertrauen, dass eine juristische Person des öffentlichen Rechts die zugewendeten Mittel entsprechend ihrer Bestimmung für steuerbegünstigte Zwecke verwendet.
Fazit: Die Finanzverwaltung legt die Gesetzesneuregelung großzügig aus und erlaubt Ihnen damit eine weitgehend unbeschränkte Mittelweitergabe an begünstigte Einrichtungen im In- und Ausland. Insbesondere die neuen Vorgaben zur teilentgeltlichen Weitergabe (bis zur Höhe der Eigenkosten) sind eine erhebliche Erleichterung.
Quelle: IWW Verlag
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