Beweislast bei Zugang einer E-Mail

10/05/2023

Den Absender einer E-Mail trifft die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die E-Mail dem Empfänger zugegangen ist. Ihm kommt nicht dadurch die Beweiserleichterung des Anscheinsbeweises zugute, dass er nach dem Versenden keine Meldung über die Unzustellbarkeit der E-Mail erhält.

In dem dieser Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Köln vom 11.01.2022, Az. 4 Sa 315/21 zugrundeliegenden Fall stritten die Parteien um die Verpflichtung des Klägers, ein ihm zur Finanzierung einer Ausbildung gewährtes Darlehen an die Beklagte zurückzuzahlen.

Der Fall zur Entscheidung des LAG

Der Kläger hatte mit dem beklagten Unternehmen einen Darlehensvertrag über 60.000 EUR im Rahmen seiner Ausbildung zum Flugzeugführer abgeschlossen. Im Vertrag war u.a. geregelt, dass das beklagte Unternehmen auf die Darlehensrückzahlung verzichtet, wenn es dem Darlehensnehmer aus betrieblichen Gründen, insbesondere mangels Bedarfs an Flugzeugführern, nicht innerhalb von fünf Jahren nach Beendigung der Ausbildung die Übernahme in ein Cockpit-Arbeitsverhältnis anbietet.

Der Kläger schloss seine Ausbildung mit Bestehen der letzten Prüfung am 26.10.2013 ab. Die Frist zum Angebot eines Arbeitsvertrags gemäß der besagten Klausel endete mithin am 26.10.2018. Mit Schreiben vom 25.10.2018, dem Kläger postalisch zugegangen am 27.10.2018, bot die Beklagte dem Kläger einen Arbeitsplatz an. Nachdem die Parteien einen Arbeitsvertrag geschlossen. hatten, zog das beklagte Unternehmen (Darlehensgeberin und nunmehr Arbeitgeberin) monatlich jeweils 500 EUR vom Gehalt des Klägers als Darlehensrückzahlungsrate ab.

Der klagende Darlehensnehmer (und nunmehr Arbeitnehmer) wehrte sich in vorliegendem Verfahren gegen die aus seiner Sicht unberechtigte Kürzung seines Gehalts um die Rückzahlungsrate gemäß Darlehensvertrag. Er war der Auffassung, dass ihm das Arbeitsverhältnis nicht innerhalb der vereinbarten 5-Jahresfrist nach Ausbildungsende angeboten worden war, die Bedingung für den Verzicht auf die Rückzahlung daher eingetreten sei.

Zwischen den Parteien war streitig, ob das Arbeitsverhältnis rechtzeitig angeboten wurde, indem der Darlehensnehmer eine E-Mail, der das Schreiben vom 25.10.2018 angefügt war – und deren einziger Versand am letzten Tag der Frist vom Darlehensgeber/Arbeitgeber behauptet wird – erhalten hat. Der klagende Arbeitnehmer behauptete, dass ihm eine solche E-Mail erst drei Tage nach Ablauf der Frist zugegangen war. Da der Darlehensgeber/Arbeitgeber seine Angaben zum Zugang der E-Mail am letzten Tag der Frist nicht beweisen konnte, entschied das LAG zugunsten des Darlehens-/Arbeitnehmers.

Zugang einer E-Mail vom Versender darzulegen und zu beweisen

Wer bei der Frage, ob eine E-Mail zugegangen ist, was zu beweisen hat, ist umstritten. Das LAG Köln schloss sich im vorliegenden Fall der Auffassung an, dass der Zugang einer E-Mail gem. § 130 BGB vom Versender darzulegen und zu beweisen ist. Die Absendung der E-Mail begründe keinen Anscheinsbeweis für den Zugang beim Empfänger. Ob nach dem Versenden einer E-Mail die Nachricht auf dem Empfängerserver eingeht, sei nicht gewiss. Wie auch bei einfacher Post sei es technisch möglich, dass die Nachricht nicht ankomme. Dieses Risiko könne nicht dem Empfänger aufgebürdet werden.

Der Versender wähle die Art der Übermittlung der Willenserklärung und damit das Risiko, dass die Nachricht nicht ankommt. Zudem habe der Versender die Möglichkeit, vorzubeugen. Um sicherzustellen, dass eine E-Mail den Adressaten erreicht hat, habe der Versender über die Optionsverwaltung eines E-Mail-Programms die Möglichkeit, eine Lesebestätigung anzufordern.

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