Brexit-Update: Fakten und Fristen

22/02/2021

Der neue Partnerschaftsvertrag zwischen der EU und Großbritannien gilt seit 1. Januar 2021 – jedoch nur vorläufig. Die endgültige Zustimmung durch das EU-Parlament wird wohl noch auf sich warten lassen, frühestens ist bis Ende Februar 2021 damit zu rechnen.

Für britische Arbeitnehmer, die sich in Deutschland aufhalten, gilt vorläufig, dass sie einen Aufenthaltstitel beantragen müssen. Dies kann etwa eine Blaue Karte EU oder ein Visum sein. Mitarbeiter, die bereits seit 2020 in Deutschland beschäftigt waren und deren Beschäftigung andauert, erhalten als Nachweis das „Aufenthaltsdokument-GB“ von der für sie zuständigen Ausländerbehörde.  Wichtig ist, dass der Antrag bis spätestens 30. Juni 2021 eingereicht werden muss.

Lohnsteuerliche Wirkungen im Rahmen des Brexit am 1. Januar 2021

Am 23. Juni 2016 hat das Vereinigte Königreich beschlossen, aus der Europäischen Union (EU) auszutreten (sog. Brexit). Nachdem der ursprüngliche Austrittstermin am 29. März 2019 nicht eingehalten und mehrmals verschoben wurde, wurde der Austritt am 31. Januar 2020 vollzogen. Damit ist das Vereinigte Königreich nun endgültig seit dem 1. Februar 2020 kein Mitgliedstaat der EU mehr.

In einem Austrittsabkommen hatten sich die EU und das Vereinigte Königreich auf einen Übergangszeitraum nach dem Brexit geeinigt („Geregelter Brexit“). Der Übergangszeitraum dauerte bis zum 31. Dezember 2020. Während des Übergangszeitraums wurde über ein Handelsabkommen verhandelt, in dem die künftigen Beziehungen der EU mit dem Vereinigten Königreich geregelt werden sollten. Das Handelsabkommen wurde am 24. Dezember 2020 abgeschlossen und trat am 1. Januar 2021 (teilweise vorläufig) in Kraft.

Steuerlich galt während des Übergangszeitraums das EU-Recht im und für das Vereinigte Königreich grundsätzlich weiter. Das Vereinigte Königreich wurde also weiter wie ein EU-Mitgliedstaat behandelt, es änderte sich also zunächst nichts.

Nach dem Brexit ist das Vereinigte Königreich seit dem 1. Februar 2020 kein EU-Mitgliedstaat mehr. Seit diesem Datum galt der Übergangszeitraum, der bis zum 31. Dezember 2020 dauerte. Seit dem 1. Januar 2021 ist das Vereinigte Königreich „ein Drittstaat“ und wird auch als solcher behandelt. Drittstaat ist ein Staat, der weder ein Mitgliedstaat der EU noch des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) ist. Gegenüber dem Vereinigten Königreich sind damit einkommen- und lohnsteuerliche Regelungen, die an eine Mitgliedschaft in der EU oder im EWR anknüpfen, nicht mehr anwendbar. Dabei handelt es sich vor allem um bisher anwendbare begünstigende Regelungen, die nun entfallen.

Das teils abgeschlossene Handelsabkommen  vom 24. Dezember 2020 enthält keine Bestimmungen zur Einkommensteuer und zur Lohnsteuer. Es ändert sich also nichts daran, dass das Vereinigte Königreich seit dem 1. Januar 2021 ein Drittstaat ist und auch als solcher behandelt wird. Einkommen- und lohnsteuerliche Regelungen, die an eine Mitgliedschaft in der EU oder im EWR anknüpfen, sind nicht mehr anwendbar.

Das ändert aber nichts daran, dass das deutsch-britische DBA auch nach dem Brexit weiter anwendbar ist. Dessen Anwendung hängt nicht davon ab, ob das Vereinigte Königreich ein EU-/EWR-Mitgliedstaat ist oder nicht. Damit ist die Besteuerung nach dem Brexit auch nicht anders geregelt als zuvor: Sämtliche Regelungen des DBA sind weiterhin unverändert anwendbar. Die Regelungen gelten unabhängig davon, ob das Vereinigte Königreich ein EU-/EWR-Mitgliedstaat ist oder nicht. Insbesondere die Regelungen zur Ansässigkeit, zum Besteuerungsrecht („183-Tage-Regel“) und zur Vermeidung der Doppelbesteuerung  (Freistellung) bleiben weiterhin unverändert anwendbar. Damit besteht auch keine Gefahr der Doppelbesteuerung.

Die folgenden FAQ gelten grundsätzlich sowohl für Entsendungen von Deutschland ins Vereinigte Königreich als auch umgekehrt für Entsendungen aus dem Vereinigten Königreich nach Deutschland.

Bei den Regelungen zur Steuerpflicht der Arbeitnehmer in Deutschland ändert sich also nichts, da die Bestimmungen zur unbeschränkten Steuerpflicht, zur beschränkten Steuerpflicht und zur unbeschränkten Steuerpflicht auf Antrag nicht voraus setzen, dass der Arbeitnehmer Staatsangehöriger eines EU-/EWR-Mitgliedstaats ist.

Voraussetzung ist nur, dass entweder

  • ein Wohnsitz oder der gewöhnliche Aufenthalt in Deutschland besteht (unbeschränkte Steuerpflicht) oder
  • beides fehlt, aber inländische Einkünfte vorliegen (beschränkte Steuerpflicht) oder
  • bei beschränkter Steuerpflicht der Großteil der Einkünfte in Deutschland erzielt wird (unbeschränkte Steuerpflicht auf Antrag).

Bisher war bei einem unbeschränkt steuerpflichtigen Arbeitnehmer die Zusammenveranlagung mit dem Ehegatten möglich, auch wenn dieser seinen Wohnsitz im Vereinigten Königreich hat. Dies ist nun nicht mehr möglich.  Die Zusammenveranlagung (und damit z. B. die Anwendung des häufig günstigeren Splittingtarifs) setzt voraus, dass beide Ehegatten unbeschränkt steuerpflichtig sind. Ist der unbeschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer Staatsangehöriger eines EU-/EWR-Mitgliedstaats und hat der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat, kann der Ehegatte aber für Zwecke der Zusammenveranlagung auf Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden. Hat der Ehegatte seinen Wohnsitz im Vereinigten Königreich, liegt zumindest die Voraussetzung des Wohnsitzes in einem EU-/EWR-Mitgliedstaat seit dem 1. Januar 2021 nicht mehr vor. Die Zusammenveranlagung scheidet damit aus. Ggf. muss daher die Steuerklasse des Arbeitnehmers geändert werden.

Ein beschränkt steuerpflichtiger Arbeitnehmer aus dem Vereinigten Königreich kann also nach dem Übergangszeitraum keine Antragsveranlagung mehr durchführen und sich so überzahlte Lohnsteuer erstatten lassen. Eine Antragsveranlagung durch Abgabe einer Steuererklärung  ist nur möglich, wenn der beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer Staatsangehöriger eines EU-/EWR-Mitgliedstaats ist und auch in einem dieser Staaten seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat. Ab dem Veranlagungszeitraum 2021 ist somit die Antragsveranlagung für Arbeitnehmer aus dem Vereinigten Königreich nicht mehr möglich. Der Lohnsteuerabzug hat dann Abgeltungswirkung, was insbesondere bei hohen Werbungskosten zu erheblichen Nachteilen führen kann.

Als Ausnahme zur grundsätzlichen Abgeltungswirkung  gibt es eine Pflicht zur Veranlagung, wenn für den Arbeitnehmer ein Freibetrag als Lohnsteuerabzugsmerkmal  gebildet worden ist und der im Kalenderjahr insgesamt erzielte Arbeitslohn die Pflichtveranlagungsgrenze übersteigt (2021: 12.250 EUR).

Die Abgeltungswirkung des Lohnsteuerabzugs und der Ausschluss der Antragsveranlagung  können insbesondere bei Arbeitnehmern mit hohen Werbungskosten zu erheblichen Nachteilen führen. Um dennoch eine Erstattung überzahlter Lohnsteuer zu erreichen, kommt nur eine Pflichtveranlagung in Betracht.

Aufenthaltsbestimmungen

EU-Bürger können das Vereinigte Königreich für einen Aufenthalt von maximal sechs Monaten besuchen. Für längere Aufenthalte wird ein Visum benötigt. Britische Staatsangehörige, die in ein EU-Land reisen möchten und sich dort länger als 90 Tage aufhalten wollen, müssen für Einreise und Aufenthalt die gleichen Voraussetzungen wie Personen aus Drittländern erfüllen. Dies gilt auch für britische Staatsbürger mit Zweitwohnsitz in der EU.

Auslandssemester

Für Studierende aus der EU gibt es keine Möglichkeit mehr, ein Erasmus-Semester im Vereinigten Königreich zu verbringen. Künftig soll es dort ein eigenes Austauschprogramm geben. Mehr Informationen zu Förderprogrammen für Studierende oder BAföG bietet das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) oder die Internetseite der British Study Council.

Gesundheitsversorgung

Mit der Europäischen Krankenversicherungskarte (EHIC) erhalten EU-Bürger, die sich vorübergehend im Vereinigten Königreich aufhalten, nach wie vor eine ärztliche Versorgung. Auf der Internetseite der Deutschen Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland (DVKA) werden Hinweise zum Brexit für alle Betroffenen bereitgestellt, z. B. für Studierende, Entsandte und Arbeitnehmer.

Grenzgänger

Britische Staatsangehörige, die als Grenzgänger-Arbeitnehmer oder Grenzgänger-Selbstständige vor dem 31. Dezember 2020 in Deutschland tätig waren und weiterhin tätig sein werden, können von der zuständigen Ausländerbehörde  ein Dokument unter der Bezeichnung „Aufenthaltsdokument-Grenzgänger-GB“ beantragen. Weitere Informationen finden Sie in unserem Artikel.

Reisepass

Bis Ende September 2021 gibt es keine Änderungen zur bisherigen Praxis. Bürger der EU, Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz können auch weiterhin mit einem gültigen Personalausweis oder Reisepass einreisen. Ab dem 1. Oktober 2021 wird ein Reisepass benötigt.

Stand: 22. Februar 2021

Autorin: Birgit Ennemoser, Geschäftsführerin Personal Services, Auren

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Foto: Adobe Stock, andranik123

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