Mindestlohn und Geringfügigkeit ab 01.10.2022

08/06/2022

Birgit Ennemoser (birgit.ennemoser@str-auren.de), Geschäftsführerin Personal Services

Die zum 1. Oktober 2022 geplante Erhöhung des Mindestlohns ist nun freigegeben und von den Gremien bestätigt. Über künftige Anpassungen der Höhe des Mindestlohns soll dann wieder die Mindestlohnkommission entscheiden, der dieses Mandat im Zuge der Einführung des Mindestlohns im Rahmen des 2014 verabschiedeten Tarifautonomiestärkungsgesetzes übertragen worden war. Die Mindestlohnkommission wird 2022 nicht turnusgemäß über die Mindestlohnanpassung entscheiden, da die Politik das Verfahren vorübergehend aussetzt und eine gesetzliche Vorgabe erteilt.

Diese Anpassung zieht auch weitere gesetzliche Änderungen für geringfügige Beschäftigungen und Beschäftigungen im Übergangsbereich nach sich: Die jeweilige Entgeltgrenze für Mini- und Midijobs wird erhöht. Zusätzlich sind für diese Beschäftigungsformen aber auch grundlegende Neuerungen geplant:

Dynamische Geringfügigkeitsgrenze

Die Entgeltgrenze für geringfügig entlohnte Beschäftigungen soll sich künftig am gesetzlichen Mindestlohn orientieren, d.h. diese soll sich mit Anpassung des Mindestlohnes verändern. Mit der ab 1. Oktober 2022 verabschiedeten Anhebung des gesetzlichen Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde erhöht sich die Geringfügigkeitsgrenze von heute 450 Euro auf dann 520 Euro monatlich. Die Formel zur Berechnung der dynamischen Geringfügigkeitsgrenze legt eine Wochenarbeitszeit von 10 Stunden in Höhe des Mindeststundenlohns zugrunde; sie lautet: Mindestlohn x 130 : 3. Die Zahl 130 entspricht dabei 13 Wochen (= 3 Monate) mit einer Wochenarbeitszeit von 10 Stunden.

Unvorhersehbares Überschreiten zukünftig gesetzlich geregelt

Ein gelegentliches, nicht vorhersehbares Überschreiten der Geringfügigkeitsgrenze führt heute nicht zur Beendigung der geringfügig entlohnten Beschäftigung entsprechend der Geringfügigkeits-Richtlinien der Spitzenorganisationen der Sozialversicherung. Diese Ausnahmeregelung soll nunmehr gesetzlich angepasst und dabei zeitlich sowie in der Höhe des zulässigen Überschreitungsbetrags begrenzt werden. Danach ist ein nicht vorhersehbares Überschreiten bis zu zwei Monate innerhalb eines Zeitjahres jeweils bis zum Doppelten der monatlichen Geringfügigkeitsgrenze möglich, keine weiteren Abweichungen mehr.

Höhere Entgeltgrenze für den Übergangsbereich

Der Übergangsbereich, in dem Arbeitnehmer als Midijobber bezeichnet werden, beginnt bei einem Arbeitsentgelt, das mehr als geringfügig entlohnt ist und endete bis dato bei einem regelmäßigen Arbeitsentgelt von monatlich 1.300 Euro. Diese Höchstgrenze steigt ab 1. Oktober 2022 auf 1.600 Euro an. Der Einstieg in den Übergangsbereich beginnt bei einem durchschnittlichen Arbeitsentgelt von 520,01 Euro.

Neue Formeln für Midijobs

Midijobber sollen stärker entlastet werden als bis dato, durch zwei neue Formeln: eine Formel zur Berechnung des Gesamtbeitrags und eine gesonderte Formel zur Berechnung des Beitragsanteils des Arbeitnehmers. Damit soll der Belastungssprung beim Übergang vom Minijob zum Midijob geglättet und der Anreiz für Minijobber erhöht werden, ihre Arbeitszeit über die Minijob-Grenze hinaus auszuweiten. Gleichzeitig werden Arbeitgeber zunächst stärker belastet als bisher, indem der Arbeitgeberbeitrag oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze zunächst auf die für einen Minijob zu leistenden Pauschalbeiträge in Höhe von 28 Prozent angeglichen und mit steigendem Arbeitsentgelt gleitend auf den regulären Sozialversicherungsbeitrag abgeschmolzen wird.

Übergangsregelung für heutige Midijobs bis 520 Euro

Midijobber, die am 30. September 2022 mehr als geringfügig entlohnt beschäftigt sind, aber nicht mehr als durchschnittlich 520 Euro im Monat verdienen, bleiben unter den alten Midijob-Bedingungen versicherungspflichtig. Diese Bestandsschutzregelungen gelten in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung bis zum 31. Dezember 2023, eine Befreiung auf Antrag ist aber möglich. Allerdings muss diese durch die Arbeitnehmer selbst bei den jeweiligen Behörden erfolgen, also bei der Krankenkasse für die  Kranken- und Pflegeversicherung und bei der Agentur für Arbeit für die Arbeitslosenversicherung. In der Rentenversicherung werden die Arbeitnehmer Minijobber und als solche rentenversicherungspflichtig, sofern sie sich nicht von der Rentenversicherungspflicht befreien lassen.

Die Änderungen für Mini- und Midijobs ergeben sich aus dem „Entwurf eines Gesetzes zur Erhöhung des Schutzes durch den gesetzlichen Mindestlohn und zu Änderungen im Bereich der geringfügigen Beschäftigung“ vom 25.02.2022, die am 03.06.2022 verabschiedet wurden.

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