Rechnungslegung: Was Unternehmen bei der Erstellung von Jahresabschlüssen in Zeiten von Corona beachten müssen – Teil I

02/04/2020

Auch die Erstellung von Jahres- und Konzernabschlüssen ist durch die Corona-Pandemie betroffen. Lesen Sie in diesem ersten Teil der dreiteiligen Beitragsserie, wie das Institut der Wirtschaftsprüfer die Corona-Krise einstuft, welche Bedeutung die Krise auf die Annahme der Unternehmensfortführung hat und welche grundsätzlichen Anforderungen an die Beurteilung der Unternehmensfortführung gestellt werden.

Einstufung der Corona-Krise als wertbegründendes Ereignis 

Das Institut der Wirtschaftsprüfer hat in seinem fachlichen Hinweis vom 04.03.2020 klargestellt, dass die Corona-Krise ein wertbegründendes Ereignis im Januar 2020 darstellt, da die sprunghafte Ausweitung der Infektionen verbunden mit den aktuell wirtschaftlichen Auswirkungen (Beeinträchtigungen von Lieferketten, Schließung von Betrieben) erst ab Januar 2020 aufgetreten sind. Bilanzielle Konsequenzen (z. B. in Form von außerplanmäßigen Abschreibungen oder dem Ansatz von Rückstellungen) sind damit grundsätzlich erst in Abschlüssen, die nach dem 31.12.2019 enden, zu ziehen. Konsequenzen ergeben sich aber bei der Beurteilung der Annahme der Unternehmensfortführung sowie für den Anhang und Lagebericht (siehe hierzu unsere Einschätzung im dritten Teil dieser Beitragsserie).

Grundsätzlich erhöhte Unsicherheit bei der Annahme der Unternehmensfortführung

Gem. § 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB ist „bei der Bewertung […] von der Fortführung der Unternehmenstätigkeit auszugehen, sofern bei dieser nicht tatsächliche oder rechtliche Gegebenheiten entgegenstehen. Damit ist der vom Gesetz unterstellte Regelfall die Unternehmensfortführung.

Zur Eindämmung des Corona-Virus wurden von der Politik drastische Maßnahmen ergriffen, die zu weitgehenden Einschränkungen im öffentlichen Leben und damit auch der Wirtschaft geführt haben. Damit wird die Corona-Krise zwar nicht für alle, aber dennoch für eine Vielzahl von Unternehmen zu teilweise massiven Einschnitten führen. Um diese einzudämmen, wurden von der Bundesregierung milliardenschwere Hilfspakete geschnürt.

Insoweit kann davon ausgegangen werden, dass in jedem Fall die Unsicherheit bei der Annahme der Unternehmensfortführung deutlich angestiegen ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Annahme der Fortführung nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Aber die Anforderungen an die Dokumentation der Unternehmensfortführung wird steigen. Diese ist gem. § 238 Abs. 1 HGB angemessen zu dokumentieren. Für die Beurteilung der Annahme der Unternehmensfortführung sind dabei die Verhältnisse am Abschlussstichtag nicht alleine ausschlaggebend, sondern die Verhältnisse zum Aufstellungszeitpunkt maßgebend. Damit ist eine Unterscheidung nach werterhellenden und wertbegründenden, nach dem Abschlussstichtag eintretenden Ereignissen, unerheblich (IDW PS 270 Tz. 7, begründete Durchbrechung des Stichtagsprinzips).

Werden durch die gesetzlichen Vertreter die Verhältnisse einer KapGes im Jahres-/Konzernabschluss oder (Konzern-)Lagebericht unrichtig wiedergegeben oder verschleiert, so drohen den gesetzlichen Vertretern Freiheits- oder Geldstrafen (§ 331 HGB). Dabei muss es sich um wesentliche bzw. erhebliche Verletzungen von Rechnungslegungsvorschriften handeln. Nur geringfügige Verletzungen werden durch die Festsetzung von Ordnungsgeld gem. § 334 HGB geahndet.

Wesentliche bzw. erhebliche Verletzungen können vorliegen, wenn der Jahresabschluss unter der Annahme der Unternehmensfortführung aufgestellt wird, obwohl diese aufgrund eindeutiger und objektiver Hinweise nicht aufrechterhalten werden kann. Geringfügige Verletzungen könnten denkbar sein, wenn die Annahme der Unternehmensfortführung leichtfertig getroffen wurde und damit verbundene Risiken nicht oder unvollständig im Anhang oder Lagebericht dargestellt werden.

Grundsätzliche Anforderungen an die Beurteilung der Unternehmensfortführung

Eine Kernfrage ist, inwieweit die jetzige Corona-Krise negative Auswirkungen auf Liquidität aus dem operativen Geschäftsbetrieb hat und welche Finanzierungsmaßnahmen zu Verfügung stehen, um etwaige Liquiditätsengpässe auszugleichen bzw. aufzufangen. Der Untersuchungszeitraum beträgt hierbei zwölf Monate ab Abschlussstichtag, es sei denn, es sprechen fundierte Anhaltspunkte zum Zeitpunkt der Bilanzaufstellung dafür, dass die Fortführungsprognose nach Ablauf der zwölf Monate nicht mehr aufrechterhalten werden kann. Ausgangspunkt sind die unter Berücksichtigung der Corona-Krise zu erwartenden Umsätze und Aufwendungen innerhalb des Prognosezeitraums und ihre Auswirkung auf die vorhandenen sowie über Kreditlinien frei verfügbaren flüssigen Mittel. Aufgrund der mit der Krise verbundenen hohen Unsicherheiten empfiehlt es sich, anhand verschiedener möglicher Szenarien einen Erwartungswert zu bilden. Angedachte Finanzierungsmaßnahmen, die aber noch nicht umgesetzt sind, insbesondere öffentliche Stützungsmaßnahmen (z. B. Kurzarbeitergeld, KfW-Kredite), sind hierbei zu berücksichtigen.

Stand: 1. April 2020

Autor: Christian Basler, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Auren

Wenn Sie dieser Beitrag interessiert, lesen Sie auch
Was Unternehmen bei der Erstellung von Jahresabschlüssen in Zeiten von Corona beachten müssen – Teil II
mit diesen Themen :

  • Erstellungspflicht von Jahres- und Konzernabschlüssen trotz Corona-Krise
  • Aufstellungs- und Offenlegungsfristen unter Umständen nicht einhaltbar

Was Unternehmen bei der Erstellung von Jahresabschlüssen in Zeiten von Corona beachten müssen – Teil III 
mit diesen Themen:

  • Die Corona-Krise und ihre Folgen auf den Anhang
  • Welche Relevanz hat die Corona-Pandemie für den Lagebericht

Zum Download der gesamten Beitragsserie als PDF

Foto: Adobe Stock, tasosk

Kein Token oder Token ist abgelaufen.

  • Leistungen

  • Themen

  • Branchen