Verstirbt ein Mensch (Erblasser), tritt die gesetzliche Erbfolge ein, es sei denn, der Erblasser hat eine letztwillige Verfügung von Todes wegen hinterlassen. Letztwillige Verfügungen von Todes wegen sind Testamente und Erbverträge. Ein Testament kann auch als gemeinschaftliches Testament (Berliner Testament) unter Ehepartnern verfasst werden.

Erblasser sind zuweilen wankelmütig. Grund dafür sind häufig sich über die Jahre verändernde Lebenssituationen und soziale Bindungen zu Angehörigen oder Dritten. So kommt es häufig vor, dass Erblasser über die Jahre mehrfach Verfügungen von Todes wegen (Testamente o.ä.) errichten, ändern oder auch komplett wieder aus der Welt schaffen wollen.

Widerruf eines Testaments oder einzelner Anordnungen

Es kann grundsätzlich jederzeit ein (neues) Testament verfasst werden. Genauso kann in der Regel ein Testament auch jederzeit widerrufen werden. Der Widerruf eines Testaments kann auf mehrere Arten erfolgen:

  • Errichtung eines neuen Testaments, das dem früheren widerspricht oder dieses ausdrücklich widerruft (§ 2254 BGB)
  • Vernichtung der Testamentsurkunde (§ 2255 BGB)

Auch das Löschen oder Vernichten eines alten Testaments kann ein Weg sein, dieses rechtssicher aufzuheben. Wird ein Testament jedoch nur durchgestrichen oder mit „ungültig“ markiert, reicht dies oft nicht aus, um einen wirksamen Widerruf zu belegen und kann später zu rechtlichen Streitigkeiten führen. Im Streitfall kann nicht immer bewiesen werden, dass der Erblasser diese Änderung selbst vorgenommen hat. Um Missverständnisse oder gar Manipulationsvorwürfe auszuschließen, empfiehlt sich deshalb die vollständige Vernichtung des alten Testaments.

Besonderheiten bei Ehegattentestamenten

Bei gemeinschaftlichen Testamenten von Ehegatten (z. B. Berliner Testament zwischen Ehepartnern) gelten Sonderregeln. Enthält das Testament wechselseitige Verfügungen, können diese nach dem Tod eines Ehegatten nicht mehr einseitig geändert oder widerrufen werden (§ 2270 BGB). Der überlebende Ehegatte ist dann an die einmal gemeinsam getroffene Regelung gebunden.

Liegt jedoch keine Bindungswirkung vor – etwa weil keine Verknüpfung der Verfügungen ersichtlich ist oder weil einzelne Regelungen im Testament explizit von der Bindungswirkung ausgenommen sind – bleibt der überlebende Ehegatte in seiner Testierfreiheit grundsätzlich uneingeschränkt.

Amtliche Verwahrung

Wurde ein Testament amtlich beim Nachlassgericht oder Notar hinterlegt, gelten besondere Regeln:

  • Notarielles Testament:
    Die Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung gilt automatisch als Widerruf (§ 2256 Abs. 1 BGB).
  • Privatschriftliches Testament:
    Die Rücknahme aus der amtlichen Verwahrung ist kein Widerruf – das Testament bleibt weiterhin gültig.

Errichtung eines neuen Testaments

In der Praxis kommt es häufig vor, dass ein Erblasser nicht nur ein, sondern mehrere Testamente hinterlässt. Dies kann zu erheblichen rechtlichen Unsicherheiten führen, insbesondere dann, wenn sich die Inhalte der Testamente widersprechen oder Testamente nicht datiert sind. Nachfolgender Überblick soll zeigen, wie in solchen Fällen rechtlich zu verfahren ist und wie Streitigkeiten im Erbfall vermieden werden können.

Grundsatz: Das jüngste Testament zählt

Nach § 2258 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) hebt ein später errichtetes Testament ein früheres auf – jedoch nur insoweit, wie es inhaltlich damit in Widerspruch steht. Es ist daher entscheidend, welches Testament zeitlich zuletzt verfasst wurde. Das spätere Testament gilt grundsätzlich als Ausdruck des letzten Willens des Erblassers.

Ein ausdrücklicher Widerruf des früheren Testaments ist nicht zwingend erforderlich. Vielmehr kann die frühere Verfügung einzig durch Errichtung eines neuen Testaments ersetzt und damit ungültig werden. Sobald sich die Inhalte widersprechen, ist das frühere Testament in diesen Punkten automatisch unwirksam.

Problemfall: Keine oder unklare Datierung

Fehlt das Datum auf einem oder beiden Testamenten, ist nicht zweifelsfrei feststellbar, welches Testament das jüngere ist. In solchen Fällen kann die zeitliche Reihenfolge auf anderem Wege ermittelt werden, etwa:

  • Zeugenaussagen von Personen, die bei der Erstellung des Testaments anwesend waren oder davon Kenntnis hatten;
  • Schriftvergleich;
  • Forensische Tintenanalyse

Ergibt sich aus diesen Mitteln keine Klarheit, welches Testament zuerst verfasst wurde, gelten die Testamente als gleichzeitig errichtet.

Gleichzeitig erstellte Testamente

Ohne Widersprüche

Unproblematisch ist dies, wenn mehrere Testamente existieren, die sich nicht widersprechen, sondern inhaltlich ergänzen. Beispielsweise kann in einem Testament die Erbfolge geregelt sein, in einem weiteren ein Vermächtnis für eine bestimmte Person.

Besonders misstrauische Erblasser legen mitunter mehrere identische Testamente an verschiedenen Orten ab, um sicherzustellen, dass wenigstens eines davon im Erbfall gefunden wird. In solchen Fällen entfaltet jedes gültige Testament Rechtswirkung – sofern keine Widersprüche bestehen.

Mit widersprüchlichen Verfügungen

Wenn zwei Testamente als gleichzeitig errichtet gelten (z. B. ohne Datierung oder mit identischem Datum) und sich hingegen widersprechen, behandelt das Gesetz beide als gleichwertig. In diesem Fall:

  • Bleiben übereinstimmende oder ergänzende Inhalte gültig;
  • Sind die widersprüchlichen Regelungen beider Testamente ungültig. Im Zweifel greift dann die gesetzliche Erbfolge. Ob dem Testator beim Abfassen des späteren Testaments bewusst war, dass er die frühere Regelung außer Kraft setzt, ist dabei irrelevant.

Die Folge ist oft ein unklarer Erbfall mit erheblichem Streitpotenzial.

Klare Formulierungen verhindern Streit

Um spätere Unklarheiten und Streitigkeiten unter den Erben zu vermeiden, sollten Testamente stets ein Erstellungsdatum enthalten. Zudem sollte ein weiteres Testament immer mit einer klarzustellenden Formulierung beginnen, dass alle früheren Verfügungen damit aufgehoben werden sollen. wie z. B.:

„Hiermit hebe ich alle bisher von mir errichteten letztwilligen Verfügungen in vollem Umfang auf.“

Dies schafft Rechtsklarheit und verhindert, dass frühere Anordnungen ungewollt weiterhin Gültigkeit behalten.

Fazit – Eindeutigkeit schafft Sicherheit

Die Existenz mehrerer Testamente führt häufig zu Unsicherheiten und Streitigkeiten unter den Erben. Ist ein Testament unklar oder widersprüchlich, entscheiden im Zweifelsfall die Gerichte. Hierfür kommt es maßgeblich auf die Testierfähigkeit, die Formgültigkeit, die Datierung und ggf. auf eine forensische Prüfung an.

Um rechtliche Auseinandersetzungen nach dem Tod zu vermeiden, sollten Erblasser Folgendes beachten:

  • Ein neues Testament sollte klar und eindeutig formuliert sowie datiert sein.
  • Frühere Testamente sollten ausdrücklich widerrufen oder vernichtet werden.
  • Bei Änderungen: Besser insgesamt ein neues Testament verfassen, statt das alte abzuändern oder zu korrigieren.

Wer ganz sicher gehen möchte, dass sein letzter Wille rechtssicher umgesetzt wird, sollte über eine notarielle Beurkundung oder eine juristische Beratung nachdenken. Gern unterstützen wir Sie dabei, Missverständnisse und Streitigkeiten im Erbfall effektiv zu vermieden.