Neues Reisekostenrecht gilt auch für nicht ortsfest eingesetzte Arbeitnehmer

16/10/2019

Das steuerliche Reisekostenrecht, das seit dem 01.01.2014 gilt, gilt auch für nicht ortsfest eingesetzte Arbeitnehmer und Beamte. Das hat der Bundesfinanzhof (BFH) in mehreren Verfahren entschieden. Der BFH hat damit weitgehend die Regelungen bestätigt, die die Finanzverwaltung zur Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte anhand der Zuordnung des Arbeitgebers getroffen hat.

Grundsätze zur ersten Tätigkeitsstätte
Mit dem seit 2014 geltenden Reisekostenrecht wurde der bisherige Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte durch den Begriff „erste Tätigkeitsstätte” ersetzt. Die Folgen sind jedoch weitgehend gleich geblieben: Fahrten zwischen der Wohnung des Arbeitnehmers und seiner ersten Tätigkeitsstätte dürfen in der Einkommensteuererklärung nur in Höhe der Entfernungspauschale als Werbungskosten geltend gemacht werden. Nutzt der Arbeitnehmer einen Dienstwagen für diese Fahrten, muss er einen geldwerten Vorteil versteuern. Kostenerstattungen des Arbeitgebers sind grundsätzlich steuerpflichtig. Als Ausnahme hiervon können seit diesem Jahr Jobtickets steuerfrei bleiben, wenn sie zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn erstattet werden. Auch für die Berechnung der Verpflegungsmehraufwendungen ist die Abwesenheit des Arbeitnehmers von seiner Wohnung und seiner ersten Tätigkeitsstätte maßgebend. Übernachtet der Arbeitnehmer aus beruflichen Gründen am Ort der ersten Tätigkeitsstätte in einer Zweitwohnung bzw. Zweitunterkunft, gelten die Grundsätze der doppelten Haushaltsführung. Die steuerlich berücksichtigungsfähigen Übernachtungskosten werden in diesem Fall auf „das Notwendige” begrenzt (im Inland 1.000 Euro monatlich). Nach § 9 Abs. 4 S. 1 EStG ist die erste Tätigkeitsstätte die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Ohne Zuordnung kann eine erste Tätigkeitsstätte vorliegen, wenn der Arbeitnehmer an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung dauerhaft in einem bestimmten zeitlichen Umfang tätig werden soll.

Tätigkeitsstätte – ortsfeste betriebliche Einrichtung
Ortsfeste betriebliche Einrichtungen sind „räumlich zusammengefasste Sachmittel”, die der Tätigkeit des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten dienen und die mit dem Erdboden verbunden oder dazu bestimmt sind, überwiegend standortgebunden genutzt zu werden. Auch ortsfeste betriebliche Einrichtungen innerhalb eines großräumigen Werks- oder Betriebsgeländes können eine erste Tätigkeitsstätte sein. Eine (großräumige) erste Tätigkeitsstätte liegt laut BFH auch vor, wenn eine Vielzahl solcher Mittel, die für sich betrachtet selbstständige betriebliche Einrichtungen darstellen können, räumlich abgrenzbar in einem organisatorischen, technischen oder wirtschaftlichen Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten stehen.

Beispiele für großräumige erste Tätigkeitsstätte

  • Flughafen: Der Heimatflughafen kann laut BFH für Flugbegleiter und Piloten erste Tätigkeitsstätte sein, wenn sie der Arbeitgeber dort zugewiesen hat. Sicherheitspersonal an täglich wechselnden Kontrollstellen hat am Flughafen die erste Tätigkeitsstätte, wenn der Arbeitnehmer dort dauerhaft zugeordnet ist.
  • Werksanlage
  • Betriebsgelände
  • Bahnhof

Zuordnung durch dienst- oder arbeitsrechtliche Festlegung
Die Zuordnung zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung wird durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt. Der BFH bestätigt die Sicht der Finanzverwaltung, dass hierzu alle schriftlichen, aber auch mündlichen Absprachen oder Weisungen zählen.

Zuordnungsentscheidung ist maßgebend
Die Zuordnung kann bereits im Arbeitsvertrag oder durch Ausübung des Direktionsrechts (bei Beamten auch durch dienstliche Anordnung) vorgenommen werden. Auch eine Zuordnungsentscheidung, die vor 2014 getroffen wurde, kann maßgebend sein. Es ist nicht Voraussetzung, dass sich der Arbeitgeber der steuerrechtlichen Folgen der Zuordnung bewusst ist, so der BFH. Die Zuordnung zu einer ersten Tätigkeitsstätte muss nicht ausdrücklich erfolgen und sie muss für ihre steuerliche Wirksamkeit auch nicht ausdrücklich dokumentiert sein. In diesem Punkt widerspricht der BFH der Auffassung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben vom 24.10.2014. Ordnet der Arbeitgeber den Arbeitnehmer einer betrieblichen Einrichtung zu, weil er dort seine Arbeitsleistung erbringen soll, ist diese Zuordnung steuerrechtlich maßgebend, ohne dass es einer gesonderten Zuweisung für steuerrechtliche Zwecke bedarf. Entscheidend ist, ob der Arbeitnehmer nach den arbeitsrechtlichen Festlegungen an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten tätig werden sollte.

Praxistipp: Die Dokumentation dieser Regelungen hilft aber enorm. Auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit, die der Arbeitnehmer dort ausübt oder ausüben soll, kommt es nicht an. Es reicht aus, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich oder dienstrechtlich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören. Ein Ort, an dem er nicht tätig wird (bzw. im Normalfall nicht tätig werden soll.), kann aber nicht erste Tätigkeitsstätte sein.

Dauerhafte Zuordnung
Eine dauerhafte Zuordnung liegt nach insbesondere vor, wenn der Arbeitnehmer an einer Tätigkeitsstätte • unbefristet, • für die Dauer des Dienstverhältnisses oder • über einen Zeitraum von 48 Monaten hinaus tätig werden soll.

Unbefristete Zuordnung
Unbefristet ist eine Zuordnung laut BFH, wenn die Dauer der Zuordnung zu aus der ex-ante-Sicht nicht kalendermäßig bestimmt ist und sich auch nicht aus Art, Zweck oder Beschaffenheit der Arbeitsleistung ergibt. Eine Zuordnung „bis auf weiteres.’ ist daher nicht nur vorübergehend. Auch eine jeder-zeitige Versetzungsmöglichkeit führt nicht zu einer befristeten Zuordnung.

Zuordnung für die Dauer des Dienstverhältnisses
Bei einem befristeten Beschäftigungsverhältnis ist zu prüfen, ob der Arbeitnehmer der Tätigkeitsstätte für die gesamte Dauer des Dienstverhältnisses zugeordnet wurde. War er im Rahmen eines befristeten Dienstverhältnisses einer ersten Tätigkeitsstätte zugeordnet und wird er im weiteren Verlauf (z. B. im Rahmen einer Verlängerung) einer anderen Tätigkeitsstätte zugeordnet, ist der Arbeitnehmer ab der zweiten Zuordnung auf Auswärtstätigkeit bzw. Dienstreise.

Foto: Shutterstock, wong yu liang 

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