Ukraine-Hilfe: Weitergabe von Vereinsmitteln

21/11/2022

Darf der Vorstand die Weitergabe von Vereinsmitteln allein entscheiden?

Beispiel

Frage: Unser gemeinnütziger Bildungsträger (e. V.) hat durch den großen Zulauf zu den Onlineseminaren während der Corona-Pandemie erhebliche Geldreserven angesammelt. Wir möchten einen nennenswerten Betrag für die Ukraine-Hilfe spenden. Brauchen wir dazu die Zustimmung der Mitgliederversammlung?

Antwort: Das ist wohl anzuraten. Beim Thema „Mittelweitergabe“ ist nämlich Vorsicht geboten.
Die Mittelweitergabe könnte nicht durch die Satzungszwecke gedeckt sein und den „gewöhnlichen
Geschäftskreis“ des Vorstands überschreiten.

Zweckgebundene Mittelverwendung

Die Mittelverwendung für die Satzungszwecke ist nicht nur ein gemeinnützigkeitsrechtliches Gebot.
Sie bindet Verein – und damit Vorstand – auch intern. Auch wenn § 58 Nr. 1 AO eine Mittelweitergabe an andere steuerbegünstigte und öffentliche Einrichtungen in unbeschränkter Höhe erlaubt, sind
solche Zuwendungen nicht durch die Satzung gedeckt. Der Vorstand würde also gegen seine Vermögenverwaltungspflichten verstoßen, wenn er die Mittel anderweitig verwendet. Sogar der Straftatbestand der Untreue könnte erfüllt sein, weil dieser „Vermögensdelikt“ keine Bereicherungsabsicht voraussetzt.

Nur im gewöhnlichen Geschäftskreis

Zwar hat der Vorstand im Außenverhältnis eine unbeschränkte Vertretungsbefugnis (soweit die Satzung das nicht einschränkt). Im Innenverhältnis gilt aber, dass Verfügungen außerhalb des „gewöhnlichen Geschäftskreises“ erlaubnispflichtig sind. Mit gewöhnlichem Geschäftskreis sind alle Mittelverfügungen gemeint, die der Vorstand (nicht nur der amtierende) bisher der Art und Höhe nach gemacht hat, ohne dass die Mitgliederversammlung eingeschritten ist. Es handelt sich dabei um eine Duldungsvollmacht, die auch auf ähnliche künftige Fälle übertragen werden kann. War es also schon bisher üblich, dass der Verein Mittel für andere Zwecke weitergab, dürfte der Vorstand, dass auch in diesem Fall machen. Andernfalls kann er sich haftbar machen, d. h. er müsste dem Verein den Betrag ersetzen.

Beschluss der Mitgliederversammlung

Aus diesen Gründen sollte sich der Vorstand in der Regel durch einen Beschluss der Mitgliederversammlung absichern. Dafür genügt eine einfache Mehrheit. Einzelne Mitglieder haben also kein Vetorecht. Ist sich der Vorstand sicher, dass er eine Mehrheit für diese Mittelverwendung findet, kann die Zustimmung auch nachträglich erfolgen, z. B. erst im Rahmen der Entlastung durch eine Jahreshauptversammlung.

Quelle: IWW Verlag


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