Fast allen gemeinnützigen Organisationen ist gemein, dass sie sowohl unternehmerische als auch nicht-unternehmerische Aktivitäten entfalten. Für Ausgaben, die in dem Kontext anfallen, möchte man gern den Vorsteuerabzug geltend machen. Das setzt aber voraus, dass diese Ausgaben mit steuerpflichtigen Einnahmen des Vereins in Zusammenhang stehen. Weil das oft nur teilweise der Fall ist, ist häufig eben auch nur ein anteiliger Vorsteuerabzug möglich. Wir erklären, wie man Vorsteuern aufteilt und den Abzug – auch in Aufteilungsfällen – optimiert.
Abzugsfähig sind Vorsteuerbeträge aus Lieferungen und sonstigen Leistungen nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG grundsätzlich nur dann, wenn die Lieferungen und sonstigen Leistungen für den unternehmerischen Bereich ausgeführt werden. Weitere Voraussetzung ist, dass erworbene Gegenstände zu mindestens zehn Prozent für das „Vereinsunternehmen“ genutzt und dem Unternehmensvermögen zugeordnet werden.
Sind alle Voraussetzungen erfüllt, ist ein Vorsteuerabzug möglich, soweit die Eingangsleistungen für steuerpflichtige Umsätze des Vereins verwendet werden. Steuerfreie Umsätze führen (von wenigen Ausnahmen wie Exporten abgesehen) zum Ausschluss des Vorsteuerabzugs. Das gilt auch, wenn nach der Kleinunternehmerregelung (§ 19 UStG) keine Umsatzsteuer erhoben wird oder ein Vorsteuerabzug nach Durchschnittssätzen (§ 23a UStG) erfolgt.
Die weitere Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist, dass eine Rechnung vorliegt, auf der Vorsteuer ausgewiesen ist und die die Angaben nach § 14 UStG enthält.
§ 15 Abs. 1 S. 2 UStG regelt ein grundsätzliches Zuordnungsverbot für Leistungen, wenn sie zu weniger als zehn Prozent für den unternehmerischen Bereich genutzt werden. Diese Regelung bezieht sich aber auf die Zuordnung von Gegenständen insbesondere des Anlagevermögens zum unternehmerischen Bereich. Damit ist kein generelles Abzugsverbot für die Vorsteuer verbunden. Nicht möglich ist aber eine vollständige Zuordnung zum unternehmerischen Bereich, bei der zunächst ein voller Vorsteuerabzug erfolgt und dann die nicht-unternehmerische Nutzung als Wertabgabe wiederum versteuert wird. Wie im Folgenden noch gezeigt wird, betrifft diese Möglichkeit nur besondere Fälle, regelmäßig nicht aber die gemischte Nutzung von Gegenständen im unternehmerischen und nicht-unternehmerischen Bereich.
Da ein Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG nur möglich ist, wenn die entsprechenden Leistungen für den unternehmerischen Bereich ausgeführt werden, hat die Rechtsprechung Vorgaben für die Abgrenzung gegen den nicht-unternehmerischen Bereich entwickelt (sog. Sphärentheorie).
Durch die BFH-Rechtsprechung ist geklärt, dass auch eine gemeinnützige Körperschaft einen unternehmerischen und einen nicht-unternehmerischen Bereich haben kann (BFH, Urteil vom 14.04.2008, Az. XI B 171/07). Abziehbar ist nur die Vorsteuer für Eingangsleistungen, die der wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind. Auf die Herkunft der Mittel, mit denen die Leistungen bezahlt werden, kommt es dabei nicht an.
Die Finanzverwaltung unterscheidet auf Basis der Rechtsprechung die nicht-unternehmerischen Tätigkeiten in nicht-wirtschaftliche Tätigkeiten im engeren Sinn und in unternehmensfremde Tätigkeiten
Unternehmensfremde Tätigkeiten sind Entnahmen für den privaten Bedarf des Unternehmers als natürliche Person, für den privaten Bedarf seines Personals oder für private Zwecke der Gesellschafter. Hier hat der Unternehmer ein Zuordnungswahlrecht. Er kann den Gegenstand
PraxistippFür Vereine und gemeinnützige Körperschaften hat dieses Zuordnungswahl-recht kaum eine Bedeutung, weil hier Privatentnahmen grundsätzlich nicht in Frage kommen.
Rechtsprechung und Finanzverwaltung unterscheiden bezüglich des anteiligen Vorsteuerabzugs zwischen vertretbaren Sachen und sonstigen Leistungen einerseits und einheitlichen Gegenständen andererseits.
Werden Gegenstände im nicht-unternehmerischen (ideellen) Bereich des Vereins genutzt, handelt es sich nicht um eine unternehmensfremde, sondern um eine nicht-wirtschaftliche Tätigkeit. Hier ist es grundsätzlich nicht möglich, den Gegenstand insgesamt der unternehmerischen Tätigkeit zuordnen und dann die nicht-wirtschaftliche Nutzung über eine unentgeltliche Wertabgabe zu berücksichtigen (BFH, Urteil vom 06.05.2010, Az. V R 29/09).
Ein Verein kann also für einen angeschafften Gegenstand, den er teils im wirtschaftlichen und teils im ideellen Bereich nutzen will, nicht zunächst den vollen Vorsteuerabzug vornehmen und dann die nicht-unternehmerische Nutzung als unentgeltliche Wertabgabe besteuern. Er kann nur bereits bei der Anschaffung des Gegenstands die anteilige Vorsteuer ziehen. Diese richtet sich nach der geplanten Nutzung des Gegenstands. Ändern sich die Nutzungsverhältnisse nachträglich, kommt eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG in Frage.
BeispielEin Sportverein schafft einen Transporter an. Der wird ca. zur Hälfte für die mobile Vereinsgastronomie (umsatzsteuerpflichtig) genutzt. Daneben dient er dem Transport der Ausrüstung zu Wettkämpfen und Training (umsatzsteuerfrei). Bei der Anschaffung des Fahrzeugs kann der Verein entsprechend dem Nutzungsanteil für steuerpflichtige Umsätze die Hälfte der Vorsteuer abziehen. Es ist aber nicht möglich, den Transporter ganz der unternehmerischen Sphäre zuzuordnen. Der Nachteil: Änderungen bei den Nutzungsverhältnissen müssen über eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs abgebildet werden. Nicht möglich ist ein vollständiger Vorsteuerabzug mit nachfolgender (und eventuell jährlich wechselnder) Besteuerung der Wertabgabe an den ideellen Bereich.
Etwas anderes gilt, wenn ein Gegenstand zunächst nur für die Verwendung im unternehmerischen Bereich angeschafft worden ist und später im nicht-unternehmerischen Bereich genutzt wird. Hier bleibt der Vorsteuerabzug erhalten. Die nicht-unternehmerische Verwendung wird dann nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG als unentgeltliche Wertabgabe besteuert. Das Gleiche gilt, wenn der Gegenstand später komplett im nicht-unternehmerischen Bereich genutzt wird (UStAE, Abschnitt 2.10, Abs. 4).
Abziehbar sind Vorsteuerbeträge, wenn die Leistungen für Zwecke der besteuerten Umsätze des Unternehmers bezogen sind, die Eingangsleistung also mit den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätzen zusammenhängt.
PraxistippEs genügt dabei, wenn die Absicht besteht, die Leistungen für Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden. Es müssen also noch keine tatsächlichen steuerpflichtigen Umsätze vorliegen.
Abziehbar sind Vorsteuerbeträge nur, wenn die Leistungen für Zwecke der besteuerten Umsätze des Unternehmers bezogen sind, wenn also die Eingangsleistung direkt und unmittelbar mit den zum Vorsteuerabzug berechtigenden Ausgangsumsätzen zusammenhängt (BFH, Urteil vom 14.04.2008, Az. XI B 171/07).
Dabei kann der Zusammenhang zu einzelnen Ausgangsumsätzen oder zur wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers bestehen. Dabei müssen die hierfür getätigten Aufwendungen zu den Kostenelementen der zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätze gehören.
BeispielDie Vorsteuer aus der Rechnung eines Künstlers für einen Auftritt kann der Verein abziehen, wenn er die Veranstaltung aus umsatzsteuerpflichtigen Eintrittsgeldern finanziert. Hier besteht ein direkter Zusammenhang zu den Ausgangsumsätzen (Eintrittsgelder).
Der Zusammenhang mit den steuerbaren Ausgangsumsätzen kann auch mittelbar bestehen, wenn die Kosten für die entsprechenden Leistungen zu den allgemeinen Aufwendungen des Unternehmers gehören und als solche Bestandteile des Preises der von ihm gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen sind. Voraussetzung ist dabei natürlich, dass die Gesamttätigkeit zu Umsätzen führt, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Typisch ist das für sog. Gemeinkosten, die meist unabhängig von bestimmen Umsätzen anfallen. Dazu gehören z. B. allgemeine Verwaltungskosten. Auch solche Aufwendungen können grundsätzlich zu den Kostenelementen der Ausgangsumsätze gehören, die einen Vorsteuerabzug erlauben. Es muss aber ein ausreichender Zusammenhang mit steuerpflichtigen Umsätzen bestehen – und der steht bei gemeinnützigen Einrichtungen mit schwerpunktmäßig nicht wirtschaftlichen Tätigkeiten regelmäßig in Frage.
Entfaltet der Unternehmer (Verein) sowohl steuerpflichtige als auch steuerfreie wirtschaftliche Tätigkeiten sowie nicht-wirtschaftliche Tätigkeiten, ist der Vorsteuerabzug auf Aufwendungen für bezogene Leistungen nur insoweit zulässig, als diese Aufwendungen der wirtschaftlichen Tätigkeit zuzurechnen sind. Es erfolgt also eine Abgrenzung nach der Umsatztätigkeit.
Bei einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit einem steuerfreien Ausgangsumsatz, der mittelbar zugleich die zum Vorsteuerabzug berechtigende unternehmerische Gesamttätigkeit stärkt, besteht kein Vorsteuerabzug, da der vom Steuerpflichtigen verfolgte endgültige Zweck unerheblich ist.
Typisch für Vereine ist dabei, dass die Umsätze nicht bloß nach steuerfreien und steuerpflichtigen abgegrenzt werden müssen, sondern daneben Tätigkeiten erfolgen, bei denen keine Umsätze im umsatzsteuerlichen Sinn erzielt werden, sondern nicht-wirtschaftliche Einnahmen vorliegen, wie Spenden, Mitgliedbeiträge oder Zuschüsse.
Das ist dort kein Problem, wo die Kosten direkt bestimmten Leistungen zugeordnet werden können. Vielfach ist das nicht möglich, und es muss ein Aufteilungsschlüssel gefunden werden. Soweit die Aufteilung nach dem Verhältnis der Umsätze erfolgt, stellt sich dann die Frage, ob die nicht-wirtschaftlichen Einnahmen in die Ermittlung der Quote einbezogen werden dürfen.
Rechtsprechung und Finanzverwaltung verlangen hier einen erkennbaren Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit. Diese Auffassung führt bei Vereinen regelmäßig zu einer starken Einschränkung des Vorsteuerabzugs, weil vorbereitende Tätigkeiten nicht in einem unmittelbaren Bezug zu den Umsätzen gesehen werden, die zum Vorsteuerabzug berechtigen. Die Rechtsprechung hat das wiederholt betätigt.
Beispiel 1Ein Verein, der im Bereich der Wissenschaft und Forschung tätig ist, finanziert sich zum wesentlichen Teil aus institutionellen Zuschüssen, die umsatzsteuerfrei sind (Grundlagenforschung). Daneben erbringt er steuerpflichtige Umsätze im Bereich der Auftragsforschung. Das FG München ließ das Argument nicht gelten, die Grundlagenforschung bringe der Auftragsforschung in mittelbarer Weise Nutzen, weil darin auch Erkenntnisse der nicht-wirtschaftlichen Forschungstätigkeit einfließen. Es sah keinen direkten Zusammenhang zwischen den Kosten der Grundlagenforschung und der Auftragsforschung, die einen Vorsteuerabzug zuließ (FG München, Urteil vom 05.11.2008, Az. 3 K 3427/03). Der BFH folgte dieser Auffassung (BFH, Beschluss vom 29.06.2010, Az. V B 160/08).
Dass die nicht-wirtschaftliche Tätigkeit (im vorliegenden Fall die Grundlagenforschung) der wirtschaftlichen Tätigkeit mittelbar nützt, erlaubt noch keinen Abzug der Vorsteuer auf Aufwendungen der nicht-wirtschaftlichen Tätigkeit. Das erfordert einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang.
Das FG hat die Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nicht-wirtschaftlichen Tätigkeiten deshalb per Schätzung nach folgenden Gesichtspunkten aufgeteilt:
Dieser Auffassung folgt auch die Finanzverwaltung: Bezieht der Unternehmer eine Leistung z. B. für einen steuerfreien Ausgangsumsatz, um mittelbar seine zum Vorsteuerabzug berechtigende wirtschaftliche Gesamttätigkeit zu stärken, besteht für diese Leistungen kein Vorsteuerabzug. Der verfolgte endgültige Zweck ist unerheblich; ausschlaggebend ist der direkte und unmittelbare Zusammenhang mit der steuerpflichtigen Leistung (UStAE, Abschnitt 15.2b Abs. 2).
Beispiel 2Ein Breitensportverein will die Vorsteuerbeträge aus der Errichtung eines Kunstrasen-Fußballplatzes geltend machen. Er nutzt den Platz unter anderem für Spiele der 1. Herrenmannschaft, bei denen er umsatzsteuerpflichtige Eintrittsgelder erzielt. Das FG Niedersachsen hat bei der Aufteilung des Vorsteuerabzugs nur die Nutzung des Platzes für diese Spiele mit umsatzsteuerpflichtigen Eintrittsgeldern berücksichtigt. Dass die Herrenmannschaft den Platz auch für das Training nutzt, mit dem sie sich auf diese Spiele vorbereitet, spielte keine Rolle. Entsprechend war nur ein sehr geringer Anteil der Vorsteuer aus der Errichtung abzugsfähig (FG Niedersachsen, Urteil vom 10.01.2023, Az. 11 K 147/22).
Das FG hat dabei folgende Berechnung angestellt:
Wichtig: Das FG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitsache die Revision zum BFH zugelassen. Der Verein hat sie eingelegt. Der Musterprozess ist beim BFH unter dem Az. V R 4/23 anhängig. Vereine, die sich in ähnlichen Vorsteuerabzugsauseinandersetzungen mit dem Finanzamt befinden, können sich auf den Musterprozess berufen und das Ruhen ihres Verfahrens beantragen.
Wenn Sie dieser Beitrag interessiert, lesen Sie auch:
Die E-Rechnung im VereinDas neue ZuwendungsempfängerregisterZweitwohnungssteuer bei doppelter Haushaltsführung
Sie benötigen Unterstützung? Erfahren Sie mehr zu unseren Leistungen in der Steuerberatung.
Bei Fragen sind unsere Beraterinnen und Berater gerne für Sie da.
Kein Token oder Token ist abgelaufen.