Formwirksamkeit eines Nottestaments in Zeiten der Corona-Pandemie

08/08/2022

Die Errichtung einer letztwilligen Verfügung, wie beispielsweise eines Testaments, unterliegt strengen Formvorschriften. So kann ein Testament grundsätzlich nur privatschriftlich als eigenhändig geschriebenes und unterschriebenes Testament oder aber vor einem Notar errichtet werden. Davon lässt das Gesetz in besonderen Notsituationen, in denen der Erblasser nach den Umständen nicht in der Lage ist, noch ein ordentliches Testament eigenhändig zu errichten und in denen auch ein Notar nicht zu erreichen ist, Ausnahmen zu.

Ausnahmen für ein Nottestament

Hierzu zählt u.a. das mündlich vor drei Zeugen erklärte Nottestament wenn sich der Testierende in naher Todesgefahr befindet (sog. Notlagentestament) oder sich an einem Ort aufhält, der infolge außerordentlicher Umstände so abgesperrt ist, dass die Errichtung eines Testaments vor einem Notar nicht möglich oder erheblich erschwert ist (sog. Absperrungstestament).

Die typische Situation betrifft – wie im vom Oberlandesgericht Düsseldorf am 6.1.2022 entschiedenen Fall – den Schwerkranken im Krankenhaus, der seine letztwillige Verfügung vor drei Personen (etwa dem Klinikpersonal) als Zeugen erklärt. Die drei Zeugen haben dabei eine Anwesenheits- und Mitwirkungspflicht für die mündliche Erklärung des letzten Willens, dessen Aufnahme und Verlesung und deren Genehmigung durch den Erblasser. Sie müssen also während der gesamten Testamentserrichtung anwesend sein, es muss hierüber eine Niederschrift aufgenommen werden und die Zeugen müssen diese unterschreiben.

Problem durch Kontaktbeschränkungen

In dem vom OLG entschiedenen Fall errichtete der Erblasser einen handschriftlichen mit „Nottestament“ überschriebenen letzten Willen dergestalt, dass eine andere Person den Testamentstext verfasste, mit dem die das Testament Schreibende zur Alleinerbin eingesetzt wurde, der Erblasser den Testamentstext unterschrieb und drei Zeugen den letzten Willen unterschrieben. Der Erblasser befand sich zu diesem Zeitpunkt, einem Wochenendtag im März 2020, im Krankenhaus und befürchtete aufgrund seiner fortgeschrittenen Krebserkrankung alsbald in einen Zustand zu verfallen, in dem er nicht mehr in der Lage sein würde, ein Testament zu errichten und in der Folge zu versterben.

Das OLG erachtet das Nottestament als nicht wirksam, denn die das Testament mitunterzeichnenden Zeugen waren aufgrund der pandemiebedingten Kontaktbeschränkung während des Errichtungsakts nicht gleichzeitig anwesend, sondern haben die Niederschrift nacheinander und jeweils einzeln dem Erblasser vorgelesen und den Text unterschrieben.

Zur Begründung führt das Gericht aus, dass es sich bei der durch die pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen eingetretene Situation nicht um eine neue, vom Gesetzgeber nicht bereits in abstrakter Hinsicht bedachte Lage handelt, sondern vielmehr um eine Situation der Absperrung. Die Absperrung kann verschiedene Ursachen haben, u.a. Naturereignisse oder Quarantäne infolge von Seuchen und ansteckenden Krankheiten. Die pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen für Patienten in Krankenhäusern führten zu einer Quarantäne-ähnlichen Situation nämlich der Isolation von anderen Personen. Nach den vom Gesetzgeber normierten Voraussetzungen muss aber auch das Absperrungstestament als Dreizeugentestament errichtet werden und ein Verstoß hiergegen führt zur Nichtigkeit des Testaments.

Das Dreizeugentestament

Beim Dreizeugentestaments treten die drei Zeugen als Beurkundungspersonen an die Stelle des Notars. Der Gesetzgeber hat zur Erfüllung dieser Beurkundungsfunktionen bewusst drei Personen gefordert, damit eine gegenseitige Überwachung und Kontrolle dieser im Regelfall rechtlich unerfahrenen Personen stattfindet und ein ordnungsgemäßes Beurkundungsverfahren trotz verfahrensrechtlicher Unkenntnis der juristischen Laien gewährleistet ist. Die Anwesenheit der drei Zeugen ist zwingende Voraussetzung. Fehlt nur einer dieser Zeugen beim Beurkundungsvorgang zeitweise, so ist eine gegenseitige Kontrolle und Überwachung und somit ein ordnungsgemäßes Beurkundungsverfahren nicht mehr gewährleistet. Eine sukzessive Beurkundung ist im Gesetz nicht vorgesehen. Vielmehr müssen die drei Zeugen während der gesamten Verlesung gemeinsam anwesend sein. Ob die drei Zeugen aufgrund der Pandemie-Situation den Erblasser möglicherweise hätten gar nicht gleichzeitig besuchen dürfen, war im hier entschiedenen Fall nicht nachgewiesen.

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