Umsatzsteuer bei Garantiezusagen

21/01/2022

Theresa Wais (theresa.wais@str-auren.de), Steuerberaterin. Mitglied des Auren-Teams VAT Experts – unsere Experten für Umsatzsteuer national und international

Gesetzliche Gewährleistungsrechte verpflichten Händler, über einen bestimmten Zeitraum Mängelhaftung einzuräumen. Innerhalb dieses Zeitraums ist der Verkäufer verpflichtet, das Produkt zu reparieren oder nachzubessern. Eine Garantiezusage ist die Zusage eines Händlers, die Mängelhaftung auch über den gesetzlich vorgeschriebenen Zeitraum hinaus einzuräumen. Fraglich war bisher die umsatzsteuerliche Behandlung dieser Zusagen, insbesondere vor dem Hintergrund, dass eine ganze Palette an Möglichkeiten offensteht, was die tatsächliche Gestaltung einer Garantiezusage angeht. Das Bundesministerium für Finanzen (BMF) hat zu Garantiezusagen im Kfz-Handel mit Schreiben vom 18.05.2021 Stellung genommen.

Hintergrund: Für eine Garantiezusage ist in aller Regel ein gesondertes Entgelt vom Käufer zu entrichten. Der Bundesfinanzhof (BFH) hatte diesbezüglich schon geklärt, dass eine unselbstständige Nebenleistung zur Hauptleistung, nämlich dem Produkt, das der Leistungserbringer an den Garantienehmer veräußert, nicht vorliegt. In diesem Fall hätte die Garantiezusage umsatzsteuerlich das Schicksal der Hauptleistung geteilt.

Da diese naheliegende Lösung nach dem Willen der Rechtsprechung nicht in Betracht kommt, muss der eigentliche Inhalt einer Garantiezusage geklärt werden, um die umsatzsteuerliche Behandlung festzustellen. Dafür konjugiert das BMF in dem neuen Schreiben unterschiedliche Fallkonstellationen durch.

Änderung: Die Leistungen aus einer entgeltlichen Garantiezusage eines Verkäufers ist umsatzsteuerfrei nach § 4 Nr. 10 UStG und zwar unabhängig davon, ob die Leistung im Schadensfall in Geldzahlung oder Sachleistung besteht. Der Vorsteuerabzug ist grundsätzlich ausgeschlossen.

Die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 10 UStG stellt auf das Versicherungsgesetz ab, anstatt eigene Tatbestandsvoraussetzungen zu formulieren, d. h. Versicherungsteuer und Umsatzsteuer schließen sich gegenseitig aus. Leistungen, die der Versicherungsteuer unterliegen, sind umsatzsteuerfrei. Das BMF nutzt das Schreiben auch, um Garantiezusagen in das Versicherungsteuergesetz einzuordnen.

  • Anspruch des Käufers gegen den Verkäufer: Derartige Fälle liegen vor, wenn der Käufer aufgrund der Garantiezusage einen Anspruch gegen den Verkäufer erhält. In diesen Fällen kommt es zum Versicherungsverhältnis zwischen Käufer und Verkäufer. Ausnahmsweise liegt kein Versicherungsverhältnis vor, wenn die Garantiezusage im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Vollwartungsvertrags steht. In diesen Fällen ist stattdessen von einer eigenen Leistung auszugehen, die mangels Versicherungsverhältnis nicht unter der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 10 UStG zu subsumieren ist.
  • Absicherung des Verkäufers bei einem Versicherer: Sichert sich der Verkäufer seinerseits ab, kommt es zu einem Rückversicherungsverhältnis. Entgelt für selbiges ist erneut umsatzsteuerfrei. Dies gilt auch hier wieder nicht, wenn es sich um einen Vollwartungsvertrag handelt.
  • Wahlrecht des Käufers zwischen Reparaturanspruch gegen den Verkäufer und Kostenersatz gegen anderen Versicherer: Nach Ansicht des BMF liegen in diesem Fall zwei unterschiedliche Versicherungsverhältnisse vor.
    • Verkäufer <-> Käufer: Versicherungsverhältnis ist auf Reparaturleistung gerichtet.
    • Versicherer <-> Verkäufer: Versicherungsverhältnis ist auf Reparaturkostenersatz gerichtet. Der Käufer ist die versicherte Person (Versicherungsvertrag für fremde Rechnung).
  • Versicherung des Käufers durch vom Verkäufer abgeschlossene Versicherung auf fremde Rechnung: In diesen Fällen wird der Verkäufer das Entgelt, das er selbst an den Versicherer abführt, beaufschlagen. Für die Behandlung dieses Aufschlags gibt es ein eigenes BMF-Schreiben (vom 29.11.2017). Hier ist sorgfältig im Rahmen einer separaten Prüfung zu urteilen. Je nach Ausgestaltung kann der Verkaufsaufschlag entweder Teil des Versicherungsentgelts sein und somit nicht der Umsatzsteuer unterliegen oder (bei entsprechender Aufschlüsselung in Prämie und Provision) als sonstige Leistung umsatzsteuerpflichtig sein, also nicht der Versicherungsteuer unterliegen.

Der Vollständigkeit halber sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass in dem Schreiben zwar Bezug genommen wird auf Kfz-Händler, die entwickelten Grundsätze aber branchenunabhängig auf Garantiezusagen Anwendung finden.

Praxishinweis


Dass jetzt die umsatzsteuerliche Behandlung von Garantiezusagen definiert ist, macht die Thematik nicht zwangsläufiger einfacher, da die wenigsten Händler fundiertes Wissen zur Versicherungsteuer haben dürften. Wir empfehlen Händlern zunächst, sorgfältig die eigenen Konstellationen einzuordnen, bevor die Versicherungsteuer an sich geprüft wird. Dafür bleibt jedoch noch ein wenig Zeit: Mit dem Schreiben vom 19.10.2021 stellt das BMF klar, dass die neuen Grundsätze Anwendung finden auf Garantiezusagen, die nach dem 31. Dezember 2022 abgegeben werden.


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