Gemeinnützigkeit: Tatsächliche Geschäftsführung ist ein Thema

01/12/2021

Marion Triess (marion.triess@rtg-auren.de), Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin

Ein Verein, der die Gemeinnützigkeit neu beantragt, konnte sich bisher auf die Satzungserstellung konzentrieren. War diese gemeinnützigkeitskonform, durfte das Finanzamt die Gemeinnützigkeit auch dann nicht verweigern, wenn sie Erkenntnisse hatte, dass tatsächliche Aktivitäten die Gemeinnützigkeit ausschlossen. Das hat sich ab 2021 geändert.

Bisher bezog sich die Gewährung der Gemeinnützigkeit bei einer Neubeantragung (Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a Abs. 1 AO) ausschließlich auf die vorgelegte Satzung. Das hat sich mit dem neu eingefügten Abs. 6 des § 60a AO geändert. Liegen dem Finanzamt bis zum Zeitpunkt der Gewährung der Gemeinnützigkeit bereits Erkenntnisse vor, dass die tatsächliche Geschäftsführung gegen die satzungsmäßigen Voraussetzungen verstößt, kann es die Anerkennung der Gemeinnützigkeit verweigern.

Umgesetzt hat das die Finanzverwaltung im geänderten Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO). Das BMF stellt dazu in den neuen Nrn. 9 und 10 zu § 60a Abs. 6 AO klar, dass das Finanzamt die tatsächliche Geschäftsführung im Verfahren zur Feststellung der satzungsmäßigen Voraussetzungen nach § 60a AO grundsätzlich nicht prüft. Es muss den Antrag auf Gemeinnützigkeit aber ablehnen, wenn ihm entsprechende Erkenntnisse vorliegen (z. B. über extremistische Aktivitäten der Körperschaft). Einen bereits gewährten Freistellungsbescheid kann es dann wieder aufheben (BMF, Schreiben vom 06.08.2021, Az. IV C 4 – O 1000/19/10474 :004).

Praxistipp: Das bedeutet in der Praxis, dass das Finanzamt einem Antragsteller grundsätzlich keine Nachweise abverlangen kann, die über die Satzung hinausgehen. Nur wenn das Finanzamt entsprechende Anhaltspunkte hat, muss er den Gegenbeweis antreten.

Quelle: IWW Verlag

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