Widerspruchsbelehrung erfordert ausreichende Lesbarkeit

28/06/2023

Die hinreichende drucktechnische Hervorhebung der Widerspruchsbelehrung zu einem Lebens-versicherungsvertrag erfordert ausreichende Lesbarkeit und setzt die Benutzung einer hinreichend großen Schrift sowie Schriftart voraus. Außerdem muss die Belehrung zumindest durch die Drucktechnik bzw. -art so stark hervorgehoben werden, dass sie dem Versicherungsnehmer beim Durchblättern der übersandten Unterlagen nicht entgehen kann, selbst wenn er nicht aktiv und bewusst nach einer Widerspruchsmöglichkeit sucht. Zu dieser Entscheidung kam das Oberlandesgericht Dresden in seinem Beschluss v. 28.4.2022.

Die Widerspruchsbelehrung ist wesentlicher Bestandteil eines Versicherungsvertrages. Nach der bisherigen Rechtsprechung kann eine falsche Widerspruchsbelehrung sogar zum Widerruf der Vertragserklärung führen. Welche Anforderungen an die Widerspruchsbelehrung zu stellen sind, klärt das OLG Dresden mit seinem Urteil anschaulich auf.

Im entschiedenen Fall vermittelte ein Versicherungsvermittler einen Lebensversicherungsvertrag, der auf Seite 2 des lediglich zwei Seiten umfassenden Versicherungsscheines eine Widerspruchsbelehrung enthielt. Auf dieser Seite war die Belehrung der einzige fettgedruckte Passus und befand sich ganz am Ende der Seite. Die Widerspruchsfrist soll danach „ab Erhalt“ der Unterlagen zu laufen beginnen. Der Versicherungsnehmer widersprach dem Vertrag jedoch erst nach einiger Zeit.

Deutlich gestaltete Belehrung maßgeblich

Maßgeblich für die Wirksamkeit von Versicherungsverträgen ist, dass nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 VVG „eine deutlich gestaltete Belehrung über das Widerrufsrecht und über die Rechtsfolgen des Widerrufs“ in der Police normiert wird. Im vorliegenden Fall war das Deutlichkeits-Erfordernis jedoch gewahrt. Der Passus war fett gedruckt und eindeutig vom übrigen Vertragsinhalt abgehoben. Er befand sich am Ende der Seite und suggerierte somit eine eigenständige Bedeutung.

Zudem muss der Beginn der Widerspruchsfrist eindeutig fixiert sein. Die in der Police fixierte Bezeichnung des Fristbeginns „nach Erhalt“ der Bedingungen genügt nach dem OLG Dresden dieser Voraussetzung. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer wird diese Klausel so verstehen, dass die Frist durch den Zugang der Unterlagen in Gang gesetzt wird und 14 Tage später am gleichen Wochentag abläuft. Es genügt, dass der Versicherer einen abstrakten Beginn angibt, ohne einen bestimmten Tag zu definieren.

Die vertragliche Widerspruchsbelehrung war in diesem Fall wirksam. Die Widerspruchsfrist begann mithin ab Erhalt der Unterlagen zu laufen und nach Ablauf der 14-Tage-Frist konnte kein Widerspruch mehr geltend gemacht werden.

Im Einzelfall kann es für den Versicherungsnehmer durchaus „günstig“ sein, nicht – bzw. nur unzureichend – bezüglich eines zustehenden Widerspruchsrechts belehrt worden zu sein. Der Versicherungsnehmer kann in diesem Fall jederzeit dem Vertrag widersprechen und seine Leistungen (hier: geleistete Prämien) zurückverlangen. Die Widerspruchsbelehrung ist somit von wesentlicher Bedeutung für die Wirksamkeit des Versicherungsvertrages.

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