Das regelt der neue AEAO zu Kooperationen mit und zwischen gemeinnützigen Einrichtungen

09/12/2021

Marion Triess (marion.triess@rtg-auren.de), Wirtschaftsprüferin und Steuerberaterin

Nach dem Unmittelbarkeitsgrundsatz muss eine Körperschaft ihre satzungsgemäßen Zwecke selbst verwirklichen. Das hat bisher dazu geführt, dass Hilfsbetriebe in rechtlich eigenständiger Form nicht gemeinnützig sein können, wenn sie nicht selbst einen gemeinnützigen Zweck verfolgen. Das hat sich mit dem neuen § 57 Abs. 3 AO geändert. Eine Körperschaft verfolgt ihre steuerbegünstigten Zwecke auch dann unmittelbar, wenn sie satzungsgemäß mit mindestens einer weiteren Körperschaft planmäßig zusammenwirkt. Im neuen Anwendungserlass zur Abgabenordnung (AEAO) hat das BMF das näher definiert.

Nur der Unmittelbarkeitsgrundsatz ist entfallen

Wichtig ist die Aussage des BMF, dass nur der Unmittelbarkeitsgrundsatz entfallen ist. Alle Beteiligten müssen die anderen Voraussetzungen für die Steuerbegünstigung (§§ 51 bis 68 AO) erfüllen. Das BMF stellt heraus, dass Körperschaften damit steuerbegünstigt arbeitsteilig vorgehen können, um gemeinsam einen steuerbegünstigten Zweck zu verfolgen (BMF, Schreiben vom 05.08.2021, Az. IV C 4 – O  1000/19/10474 :004).

Wann liegt ein „planmäßiges Zusammenwirken“vor?

Unklar war in Gesetzestext und -begründung geblieben, was unter „planmäßigem Zusammenwirken“ zu verstehen ist. Das BMF definiert es als „das gemeinsame, inhaltlich aufeinander abgestimmte und koordinierte Wirken von zwei oder mehreren steuerbegünstigten Körperschaften, um einen ihrer steuerbegünstigten Satzungszwecke zu verwirklichen.“

Wichtig: Ein planmäßiges Zusammenwirken nach der BMF-Definition liegt vor, wenn ein Krankenhaus eine zum Zweckbetrieb nach § 67 AO gehörende Wäscherei auf eine GmbH ausgliedert und die Wäscherei weiterhin Leistungen an das Krankenhaus erbringt.

Dazu können neben Dienstleistungen auch Nutzungsüberlassungen gehören. Ein solcher Leistungsaustausch ist aber nicht zwingend erforderlich.

Der Mindestleistungsbeitrag

Die Anforderung an den eigenen Beitrag einer Körperschaft besteht darin, dass sie selbst arbeitsteilig zur Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke beitragen muss. Eine bloße Vergabe von Aufträgen für ein Projekt reicht deshalb z. B. nicht aus.

Beispiel: Die in eine GmbH ausgegliederte Krankenhauswäscherei fördert mittelbar den Zweck der Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens durch ihre Leistungen an den gemeinnützigen Krankenhausträger. Der Krankenhausträger wiederum erbringt die eigentlichen gemeinnützigen Leistungen im Bereich des Gesundheitswesens.

Folge: So tragen beide arbeitsteilig zur Verwirklichung der steuerbegünstigten Zwecke bei. Das gilt ebenso, wenn die GmbH Leistungen an weitere gemeinnützige Krankenhäuser oder andere steuerbegünstigte Einrichtungen (z. B. Pflegeheime) erbringt.

Dauer und Umfang des Zusammenwirkens

An Dauer und Umfang des Zusammenwirkens stellt das BMF nur geringe Anforderungen. Weder eine Wiederholungsabsicht noch eine finanzielle Eingliederung ist gefordert. Eine gesellschafts-
oder verbandsrechtliche Einbindung ist nicht vorausgesetzt.

Eine solcher Verbund muss seine Leistungen nicht an andere steuerbegünstigte Einrichtungen erbringen. Das Zusammenwirken kann auch in der Weise erfolgen, dass mehrere Körperschaften unterschiedliche Leistungselemente an einen selbst nicht steuerbegünstigten Dritten erbringen, wenn diese Leistungselemente durch ihr Zusammenwirken in die Förderung eines gemeinsamen steuerbegünstigten Zwecks münden.

Die Formen der Kooperation

§ 57 Abs. 3 AO gilt für zwei Fälle von Kooperationen:

Eine eigenständige Körperschaft arbeitet mit anderen gemeinnützigen Körperschaften zusammen. Die Körperschaft muss alle satzungsmäßigen Voraussetzungen an die Steuerbegünstigung erfüllen, außer der Unmittelbarkeit. Das gilt für das
o. g. Beispiel der Wäscherei-GmbH.

Eine gemeinnützige Körperschaft kooperiert mit anderen gemeinnützigen Körperschaften und erbringt dabei Leistungen, die für sich genommen nicht begünstigt sind.

Beispiel: Die (nicht ausgegliederte) Wäscherei eines Krankenhauses erbringt auch Leistungen für andere steuerbegünstige Krankenhäuser. Bisher war das nur im Rahmen des § 68 Nr. 2b AO bei Selbstversorgungseinrichtungen begünstigt. Dabei durfte der Wert der Leistungen an Dritte nicht über 20 Prozent der Gesamtleistung der Wäscherei liegen. Jetzt können die Leistungen an Dritte einen beliebigen Umfang haben, wenn diese gemeinnützig sind.

Allerdings verlangt das BMF, dass in der Satzung des Krankenhauses steht, für welche Einrichtungen es welche Leistungen erbringt.

Kooperation mit juristischen Personen öffentlichen Rechts

Für Kooperationen mit öffentlich-rechtlichen Organisationen grenzt das BMF die möglichen Beteiligten ein: Ein planmäßiges Zusammenwirken könne zwar auch mit steuerbegünstigten Betrieben gewerblicher Art (BgA) juristischer Personen des öffentlichen Rechts (jPöR) erfolgen, nicht aber mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts als solchen.

Zu den BgA der öffentlichen Hand, die für Kooperationen mit gemeinnützigen Einrichtungen in Frage kommen können, gehören z. B. Verkehrsbetriebe, Krankenhäuser, Schwimmbäder, Kindergärten, Theater oder Bibliotheken.

Ohne Satzungsregelung keine Kooperation

Das Zusammenwirken mit anderen Körperschaften zur Verwirklichung des eigenen steuerbegünstigten Satzungszwecks muss – so das BMF – in der Satzung als Art der Zweckverwirklichung festgehalten sein. Die Körperschaften, mit denen kooperiert wird, und die Art und Weise der Kooperation müssen in den Satzungen der Beteiligten bezeichnet werden.

Wichtig: Mit dieser Vorgabe ist ein nur punktuelles Zusammenwirken regelmäßig ausgeschlossen. Je nach Kooperationspartner und Art der Kooperation müsste dann jedes Mal die Satzung angepasst werden. Diese Vorgabe schränkt den Anwendungsbereich der Neuregelung massiv ein. Sie ergibt sich weder aus dem Gesetzeswortlaut noch aus der Gesetzesbegründung. Es dürfte fraglich sein, ob diese Auffassung des BMF von einem Finanzgericht bestätigt wird. Unklar ist leider auch, ob die kooperierenden Einrichtungen namentlich oder lediglich den Zwecken nach (z. B. Vereine mit dem Satzungszweck „Sport“) in der Satzung benannt sein müssen.

Vertrauensschutz bei Kooperationen

Für den Nachweis der Gemeinnützigkeit der Kooperationspartner gelten nach Auffassung des BMF die gleichen Anforderungen wie bei der Mittelweitergabe. Eine Körperschaft, die sich auf § 57 Abs. 3 AO beruft, darf darauf vertrauen, dass die Körperschaft, mit der sie zusammenwirkt, tatsächlich steuerbegünstigt ist, wenn sie sich deren Satzung und einen Bescheid des Finanzamts über Nachweis der Gemeinnützigkeit hat vorlegen lassen.

Wann fallen gemeinsame Leistungen in den Zweckbetrieb?

Leistungen, die den gemeinsamen Zweck im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs verwirklichen, fallen dann nach den allgemeinen Regelungen (§§ 65 bis 68 AO) in den Zweckbetrieb. Für die Prüfung der Zweckbetriebseigenschaft – so die Erläuterung im Gesetzentwurf – wird die Gesamtleistung der beteiligten Organisationen betrachtet. Sind dabei die Anforderungen an einen Zweckbetrieb erfüllt, werden die Teilleistungen bei allen Beteiligten als Zweckbetrieb behandelt.

Verwirklichung des gemeinsamen steuerbegünstigten Zwecks

Das bestätigt das BMF: Tätigkeiten werden dann noch in Verwirklichung des gemeinsamen steuerbegünstigten Zwecks erbracht, sofern diese auch dem steuerbegünstigten Bereich (Zweckbetrieb
oder ideelle Tätigkeit) zugeordnet werden könnten, wenn sie alle von einer Körperschaft ausgeübt worden wären.

Leistungen an nicht begünstigte Dritte

Für Leistungen an nicht begünstigte Dritte gelten dann die allgemeinen Regelungen. Sie sind also nur ein Zweckbetrieb, wenn sie als eigenständige Leistungen die Voraussetzungen dafür erfüllen. Sonst liegt ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor.

Beispiel: Die Wäschereileistungen der Wäscherei-GmbH in Kooperation mit der gemeinnützigen Krankenhausgesellschaft sind ein Zweckbetrieb nach § 67 AO. Leistungen der Wäscherei-GmbH an nicht steuerbegünstigte Dritte fallen in den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.

Beisteuern diverser Leistungskomponenten an Dritte

Das Zusammenwirken kann für das BMF auch in der Weise erfolgen, dass mehrere Körperschaften unterschiedliche Leistungselemente an einen selbst nicht steuerbegünstigten Dritten erbringen. Diese Leistungselemente müssen durch ihr Zusammenwirken aber einen gemeinsamen steuerbegünstigten Zweck ergeben.

Beispiel: Ein gemeinnütziger Konzertchor tritt bei einer Veranstaltung eines nicht gemeinnützigen Veranstalters auf. Die Bühnentechnik und dazugehörige Dienstleistungen steuert ein anderer gemeinnütziger Chor bei. In der Summe ergibt sich ein steuerbegünstigter Zweck (Konzertveranstaltung).

Wichtig: Offengelassen hat das BMF, wie die Vereinbarungen mit dem nicht begünstigen Dritten aussehen müssen. Er darf selbst ja nicht Teil der Kooperation sein, weil das die Steuerbegünstigung ausschließen würde.

Welche Leistungen sind in Kooperationen begünstigt?

Das BMF nennt als Beispiele gemeinschaftliche Serviceleistungen, wie Buchhaltung oder Beschaffungsstellen sowie Nutzungsüberlassungen und Vermietungen.

Praxistipp: Das ist eine wichtige Klarstellung. Bisher waren solche Leistungen nämlich nicht als Zweckbetrieb begünstigt. Das galt für

  • Geschäftsführung- und Verwaltungsleistungen für Dritte (BFH, Urteil vom 29.01.2009, Az. VR 46/06)
  • die eigentliche Drittmittelverwaltung im Rahmen einer Projektträgerschaft
    (FG Berlin, Urteil vom 04.09.2006,
    Az. 8 K 8390/02)
  • den Zentraleinkauf für Kooperationspartner (BFH, Urteil vom 15.10.1997,
    Az. II R 94/94).

Hier ist eine Begünstigung jetzt möglich. Das gilt

  • für eigenständige Körperschaften, die ausschließlich solche Leistungen an gemeinnützige Einrichtungen erbringen, und
  • für Dachverbände, die ihren Mitgliedern solche Leistungen anbieten.

Welche Mittel dürfen für Kooperationen verwendet werden?

Die beim planmäßigen Zusammenwirken im Zweckbetrieb oder ideellen Bereich eingesetzten Wirtschaftsgüter (z. B. Grundstücke) sind auch bei den zusammenwirkenden Körperschaften dem Zweckbetrieb bzw. ideellen Bereich zuzuordnen. Sie können deshalb mit zeitnah zu verwendenden Mitteln finanziert werden. Sie dürfen also zeitnah zu verwendende Mittel auch für die Finanzierung von Wirtschaftsgütern verwenden, die Sie einer anderen steuerbegünstigten Körperschaft zur Nutzung überlassen oder im Zusammenwirken mit einer anderen gemeinnützigen Körperschaft einsetzen. Beteiligungen an anderen kooperierenden steuerbegünstigten Körperschaften fallen in den ideellen Bereich.

Quelle: IWW Verlag

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