Testamentseröffnung auch mit privater Kopie möglich

04/08/2023

Das OLG München (Beschluss vom 07.04.2021 ) und das OLG Düsseldorf (Beschluss vom 19.08.2022) haben entschieden, dass die Nachlassgerichte auch Kopien von Testamenten zu eröffnen haben. Unbestritten können Kopien bei verloren gegangenen Testamenten zum Nachweis des Testamentsinhalts dienen. Aber müssen Kopien eines Testaments deswegen im Verfahren gem. § 348 FamFG eröffnet werden?

In dem vom Oberlandesgericht Düsseldorf entschiedenen Fall reichte eine Witwe dem Nachlassgericht die Kopie eines vom Erblasser im Jahre 1976 errichteten Testaments, das sie als Alleinerbin bestimmt, zur Eröffnung beim Nachlassgericht ein. Dazu hat sie vorgetragen, der Erblasser habe diese
Kopie gefertigt und ihr zur Aufbewahrung überreicht. Aus welchem Grund er ihr nicht auch das Original übergeben habe, sei nicht bekannt. Das Nachlassgericht lehnte die Eröffnung der Testamentskopie ab.

Im Zweifel hat Eröffnung zu erfolgen

Ob ein Schriftstück den materiell-rechtlichen Anforderungen an eine wirksame Verfügung von Todes wegen genügt, ist im Eröffnungsverfahren nicht zu entscheiden. Im Zweifel hat die Eröffnung zu erfolgen. Das spricht auch für die Eröffnung eines nur in Kopie vorhandenen Testaments. Im Einzelfall mag nämlich gerade nicht ohne weiteres zu erkennen sein, ob es sich bei einem Schriftstück um eine Kopie handelt. Dementsprechend war die Kopie des Testaments zu eröffnen.

Allein die Eröffnung eines Schriftstücks als Testament besagt nichts für seine Wirksamkeit. Die Klärung dieser Frage ist vielmehr Gegenstand insbesondere eines Erbscheinsverfahrens oder einer Erbenfeststellungsklage. Vor diesem Hintergrund ist der Gefahr der Unvollständigkeit oder Unrichtigkeit der Kopie keine solche Bedeutung zuzumessen, dass eine Eröffnung unzulässig macht.

Die vorstehenden Entscheidungen werden in der Erbrechtsliteratur äußerst kritisch gewertet und mit überzeugender Begründung unter Verweis auf Entstehungshistorie, Zweck und Kontext der Regelungen zur Testamentseröffnung abgelehnt. Für die Beratungspraxis in Nachfolgeangelegenheiten schaffen die o.g. Entscheidungen allenfalls Rechtsunsicherheiten bei den Nachlassbeteiligten und für den Rechtsverkehr. Es bleibt daher zu hoffen, dass der Gesetzgeber dem entgegenwirkt und ggf. den Normzweck des Eröffnungsverfahrens neu definiert und Voraussetzungen und Rechtsfolgen einschließlich des Testament-Einreichungsverfahrens klarstellend regelt.

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