Wohnungseigentümergemeinschaft

Wohnungseigentümergemeinschaft – „Beschlusszwang“ für bauliche Veränderungen

02/11/2023

Durch das Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz (WEMoG) ist zum 01.12.2020 das Wohnungseigentumsgesetz (WEG) neu gefasst worden.

Nach dem neuen § 20 Abs. 2 WEG bedürfen Maßnahmen, die über die ordnungsgemäße Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums hinausgehen (bauliche Veränderungen) stets eines Beschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft. Hierbei kann jeder Wohnungseigentümer verlangen, dass ihm eine bauliche Veränderung gestattet wird, wenn alle Wohnungseigentümer, deren Rechte durch die Bauliche Veränderung über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus beeinträchtigt werden, einverstanden sind.

Fehlt ein entsprechender Beschluss, darf die bauliche Veränderung durch einen einzelnen Wohnungseigentümer nicht vorgenommen werden und stellt eine rechtswidrige Eigentumsbeeinträchtigung dar, auf deren Unterlassung ein Anspruch i.S. von § 1004 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) besteht.

Es ist Sache des bauwilligen Wohnungseigentümers, der eine  nicht in der Gemeinschaftsordnung gestattete bauliche Veränderung beabsichtigt, einen Gestattungsbeschluss herbeizuführen; dies kann er ggf. auch ohne Eigentümerversammlung im Umlaufverfahren erreichen (vgl.§ 23 Abs. 3 WEG). Gelingt ihm dies nicht, muss er Beschlussersetzungsklage nach § 44 Abs. 1 S. 2 WEG erheben, ehe mit der Baumaßnahme begonnen wird. Handelt er dem zuwider, haben die übrigen Wohnungseigentümer einen Unterlassungsanspruch gegen den bauwilligen Wohnungseigentümer.

Dieser wird seit dem 01.12.2020 durch die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ausgeübt (§ 9 a Abs. 2 WEG n.F.). Diesem Unterlassungsanspruch kann der bauwillige Wohnungseigentümer auch nicht unter Berufung auf Treu und Glauben entgegenhalten, dass ihm ein Gestattungsanspruch zusteht. Vorteil dieses nunmehr eindeutig im neuen WEG geregelten Verfahrens ist, dass mit Bestandskraft eines gestattenden Beschlusses (bzw. Rechtskraft eines den Beschluss ersetzenden Urteils) die Zulässigkeit der baulichen Veränderung zwischen den Wohnungseigentümern ebenso wie im Verhältnis zu den jeweiligen Rechtsnachfolgern feststeht.

Ein Beispielfall: Unterlassung eines Swimmingpool-Baus

In einem mit Urteil v. 17.03.2023 vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall bildeten die Parteien eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Die Anlage bestand aus zwei Doppelhaushälften. Nach der Gemeinschaftsordnung bestimmt sich das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander nach dem Gesetz, wobei die Grundstücksnutzung ausschließlich auf den an das jeweilige Sondereigentum anschließenden Teil des Grundstücks beschränkt wird. Gemäß einer späteren Ergänzung der Gemeinschaftsordnung sind die Wohnungseigentümer für Reparaturen und Instandhaltungen allein verantwortlich und kostenpflichtig.

Der Eigentümer der einen Doppelhaushälfte beabsichtigte nun gegen den Willen des anderen Wohnungseigentümers den Bau eines Swimmingpools in der von ihm genutzten Hälfte des Gartens. Der andere Eigentümer erwirkte gegen den bauwilligen Wohnungseigentümer zunächst im Wege der einstweiligen Verfügung einen Baustopp und erhob sodann Klage auf Unterlassung und Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten. Er hatte hiermit Erfolg.

Das Urteil

Der BGH bejaht in seinem Urteil den Unterlassungsanspruch des anderen Wohnungseigentümers. Zwar stehe jedem Wohnungseigentümer ein Sondernutzungsrecht an dem zur jeweiligen Haushälfte gehörenden Gartenanteil zu. Ein solches Sondernutzungsrecht berechtige aber nicht zu grundlegenden Umgestaltungen der jeweiligen Sondernutzungsfläche, die – wie im entschiedenen Fall der Bau eines Swimmingpools – über die übliche Nutzung hinausgehen. Hierbei handele es sich auch nicht um eine Reparatur oder Instandsetzung wie die spätere Ergänzung der Gemeinschaftsordnung vorsieht. In einem solchen Fall bedarf es daher grundsätzlich eines Gestattungsbeschlusses der Wohnungseigentümergemeinschaft.

Fehlt ein entsprechender Beschluss, darf die bauliche Veränderung durch den einzelnen Wohnungseigentümer nicht vorgenommen werden. Der bauwillige Wohnungseigentümer hätte insofern den Gestattungsbeschluss bereits vor Baubeginn herbeiführen müssen.

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