Kündigung Zuspätkommen

Kündigung bei mehrfachem Zuspätkommen

01/11/2023

Eine wiederholt verspätete Arbeitsaufnahme trotz einschlägiger Abmahnungen kann geeignet sein, eine verhaltensbedingte Kündigung zu rechtfertigen. Eine Kündigung, die durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist, kann sozial gerechtfertigt sein. Allerdings muss der Arbeitnehmer vorher klar formulierte Abmahnungen erhalten haben.

Sind mehrere Abmahnungen zeitgleich erfolgt, verlieren sie ihre mehrfache Warnfunktion. Die Kündigung ist ggf. unwirksam. Nach den Umständen des Einzelfalls kann, um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu entsprechen, der Ausspruch einer weiteren Abmahnung vor Ausspruch einer Kündigung nämlich dann erforderlich sein, wenn bereits mehrere Abmahnungen für verschiedene Pflichtverletzungen erteilt wurden, diese jedoch zeitgleich an den Arbeitnehmer übergeben wurden. Hinsichtlich ihrer Warnfunktion sind die Abmahnungen in diesem Fall einer einheitlichen Abmahnung, in der mehrere Pflichtverletzungen abgemahnt werden, vergleichbar.

Ein Fallbeispiel

Im dem vom Landesarbeitsgericht (LAG) Köln (Urteil v. 20.10.2022) entschiedenen Fall war ein seit 3 Jahren in einem Produktionsbetrieb beschäftigter Arbeitnehmer – nach Durchführung eines Personalgesprächs und Anhörung des Betriebsrats (§ 102 BetrVG) – ordentlich aus verhaltensbedingten Gründen gekündigt worden. Anlass war eine verspätete Arbeitsaufnahme um ca. 40 Minuten im Juli 2021. Dem vorausgegangen waren drei am 24. März 2021 erteilte Abmahnungen, die jeweils den Vorwurf einer verspäteten Arbeitsaufnahme an drei verschiedenen Tagen in der Zeit Anfang des Jahres 2021 ahndeten.

Der Arbeitnehmer war der Meinung, die Kündigung sei unverhältnismäßig, da er für die drei abgemahnten Verspätungsfälle entweder keine oder nur eine geringe Verantwortung tragen würde, und erhob Kündigungsschutzklage. Es hätten jeweils Gründe für das Zuspätkommen vorgelegen. Zudem habe er den Vorgesetzten immer rechtzeitig informiert.

Die Entscheidung zum Fall

Der Arbeitnehmer hat mit seiner Klage vor den Arbeitsgerichten in beiden Instanzen recht bekommen und war mit seiner Kündigungsschutzklage erfolgreich. Zwar kann ein verspätetes Erscheinen im Betrieb trotz einschlägiger Abmahnungen eine Verletzung der Arbeitspflicht und damit einen Kündigungsgrund darstellen (§ 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG).

Im entschiedenen Fall fehlt es aber an der erforderlichen Abmahnung: Eine verhaltensbedingte Kündigung verlangt immer eine vorherige Abmahnung durch den Arbeitgeber. Hier hat der Arbeitnehmer im Vorfeld der Kündigungen drei Abmahnungen am selben Tag für dreimaliges Zuspätkommen erhalten. Diese »drei Abmahnungen« wirkten – so das LAG – in ihrer Warnfunktion wie eine einzige Abmahnung. Dem Arbeitnehmer wurde folglich nach dieser erteilten (einen) Warnung im März keine weitere Chance zur Verhaltensänderung eingeräumt.

Der Arbeitgeber hätte daher – bei Sachlage des entschiedenen Falles und mit Blick auf die geringe Schwere der Pflichtverletzung – statt einer Kündigung eine weitere Abmahnung aussprechen müssen. Daher war die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG und folglich unwirksam.

Praxishinweis

Bei verhaltensbedingten Kündigungen (d.h. Kündigungen wegen Fehlverhaltens des Arbeitnehmers) muss immer eine Abmahnung vorausgehen. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass die der Kündigung vorangehenden Abmahnungen nicht nur den Sachverhalt zutreffend darstellen und den Verhaltensverstoß umfassend und erschöpfend beschreiben. Die Abmahnung muss zudem auch wirksam übergeben worden sein. Mehrere Abmahnungen dürfen nicht alle zeitgleich übergeben werden, sonst verfehlen sie ggf. ihre Warnfunktion, weil der Arbeitnehmer sie nicht mehr dem einzelnen (unterschiedlichen) Fehlverhalten zuordnen kann.

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