Verbraucherbauvertrag Gewerke

Kein Verbraucherbauvertrag bei Vergabe einzelner Gewerke

11/04/2024

Rechtliche Grundlagen

Seit 2018 gilt das neue Bauvertragsrecht, mit dem verschiedene Vertragstypen neu geschaffen wurden, wie beispielsweise der neue Verbraucherbauvertrag, den Handwerker (Unternehmer) typischerweise abschließen, wenn sie von Verbrauchern mit einem Neubau oder einem erheblichen Umbau an einem bestehenden Gebäude beauftragt werden.

Ein solcher Vertrag ist für Handwerker mit einigen Pflichten verbunden, denn als Unternehmer muss der Handwerker dem Verbraucher u.a. eine detaillierte Baubeschreibung zur Verfügung stellen, die mindestens Pläne mit Raum- und Flächenangaben sowie Ansichten, Grundrisse und Schnitte enthält. Der Vertrag muss verbindliche Angaben zum Zeitpunkt der Fertigstellung oder zur Dauer der Bauausführung enthalten (§ 650k Abs. 3 BGB). Der Vertrag bedarf zwingend der Textform und es gilt ein Widerrufsrecht von 14 Tagen ab Vertragsabschluss, außer der Vertrag wurde notariell beurkundet. Verlangt der Unternehmer Abschlagszahlungen, darf der Gesamtbetrag der Abschlagszahlungen 90 % der vereinbarten Gesamtvergütung einschließlich der Vergütung für Nachtragsleistungen nicht übersteigen. Die Bauhandwerkersicherung (§ 650f BGB) ist beim Verbraucherbauvertrag indes rechtlich ausgeschlossen.

Problemlage

Streitig war bislang, wann – in Abgrenzung zum Bauvertrag nach § 650a BGB – ein Verbraucherbauvertrag nach § 650i BGB vorliegt. Argumentativ wurde der Anwendungsbereich unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes oft sehr weit aufgefasst.

Bislang nicht abschließend geklärt war dabei, ob ein Verbraucherbauvertrag auch dann vorliegt, wenn der Verbraucher beim Bau oder Umbau eines Bauwerks die Arbeiten gewerkweise von verschiedenen Unternehmern ausführen lässt, also auch bei Beauftragung lediglich eines einzelnen Gewerks.

Entscheidung

Der Bundesgerichtshof hat diese Frage mit seinem Grundsatzurteil vom 16.03.2023 beantwortet und klargestellt, dass es für einen Verbraucherbauvertrag gemäß § 650i BGB nicht ausreicht, wenn der Unternehmer die Verpflichtung zur Herstellung eines einzelnen Gewerks im Rahmen eines Gebäudeneubaus übernimmt und gerade nicht zum Bau des neuen Gebäudes verpflichtet wird.

Dem Urteilsfall zugrunde lag der Streit zwischen einem Handwerksbetrieb und einem Ehepaar über die Verpflichtung zur Leistung einer Sicherheitsleistung für Handwerkerleistungen. Die beklagten Eheleute ließen als private Bauherren (und damit Verbraucher) einen Neubau errichten, wobei sie die erforderlichen Gewerke jeweils an einzelne Bauunternehmer vergaben. Nach der Errichtung des Rohbaus erbrachte die klagende Bauhandwerkerin die vertraglich vereinbarten Innen- und Außenputzarbeiten. Die Beklagten zahlten den von der Klägerin in Rechnung gestellten Werklohn nur teilweise, weshalb die Klägerin sie – nach erfolgloser Fristsetzung und Mahnung – zur Leistung einer Sicherheit im Sinne von § 650f Abs. 1 Satz 1 BGB (Bauhandwerkersicherung) aufforderte und schließlich dazu verklagte. Die streitentscheidende Frage war hier, ob ein Verbraucherbauvertrag nach § 650i BGB vorliegt, weil nur beim Vorliegen eines Verbraucherbauvertrags eine Regelung zugunsten der Bauherren greifen würde und die Klage des Handwerkers dann insoweit unbegründet wäre (§650 Abs. 6 Nr. 2 Alt. 1 BGB).

In erster Instanz machte die Klägerin die geforderte Sicherheit erfolgreich geltend. Auf die Berufung der Beklagten wies das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken die Klage zurück, da dem Anspruch auf Sicherheitsleistung von Anfang an § 650f Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 BGB entgegengestanden hat. Dies deshalb, weil es sich nach Ansicht des OLG vorliegend um einen Verbraucherbauvertrag handelt. Dagegen wendet sich die zugelassene Revision mit Erfolg.

Nach dem Wortlaut des § 650i BGB fällt ein Vertrag, der nicht die gesamte Herstellung oder den gesamten Umbau, sondern nur einzelne Gewerke zum Gegenstand hat, nicht unter den Begriff des Verbraucherbauvertrages. Darin unterscheidet sich die Vorschrift in entscheidender Weise von dem gleichzeitig in Kraft getretenen § 650a BGB. Dort sind Teilleistungen bei der Herstellung eines Bauwerks dem Wortlaut nach ausdrücklich erfasst. Auch aus der Entstehungsgeschichte der Norm gehe hervor, dass der Gesetzgeber bewusst die klare Formulierung gewählt habe, nach der sich der Unternehmer zum Bau eines neuen Gebäudes verpflichtet haben müsse. Soweit die Auffassung vertreten wird, der Gedanke des Verbraucherschutzes erfordere es, auch gewerkeweise vergebene Leistungen im Rahmen des Neubaus eines Gebäudes denselben Vorschriften zu unterwerfen wie die Verpflichtung zum Neubau eines Gebäudes, hat das nach Ansicht des BGH keine Umsetzung im Gesetz gefunden.

Wird beim privaten Hausbau demnach nicht ein Generalunternehmer mit der Errichtung des ganzen Hauses beauftragt, sondern jeweils einzelne Handwerksunternehmen, liegt kein Verbraucherbauvertrag vor. Demzufolge findet der Ausnahmetatbestand des § 650f Abs 6 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 BGB (Ausschluss der Bauhandwerkersicherung) auf Verträge (mit Verbrauchern) über einzelne Gewerke im Rahmen des Baus eines neuen Gebäudes keine Anwendung.

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