Kündigung von Low-Performern

11/05/2023

Wenn ein Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum die Durchschnittsleistung um mehr als 1/3 unterschreitet, kann dies im Einzelfall nach einschlägiger Abmahnung eine verhaltensbedingte ordentliche Kündigung rechtfertigen, entschieden die Richter des Landesarbeitsgerichts Köln im Mai 2022.

In den zwei konkreten, gleichgelagerten Fällen ging es jeweils um die Kündigung eines Kommissionierers in einem Großhandelslager im Bereich der Lebensmittellogistik. In der Betriebsvereinbarung des Arbeitgebers war für Kommissionierer eine Basisleistung festgelegt, die der Normalleistung entspricht und mit dem Grundlohn vergütet wurde. Seit einem Wechsel in den Bereich Trockensortiment erreichten die Arbeitnehmer jeweils in keinem Monat die Basisleistung von 100 Prozent. Nach zwei Abmahnungen kündigte der Arbeitgeber die beiden Arbeitnehmer ordentlich, weil er mit der Arbeitsleistung nicht zufrieden war. Die Arbeitnehmer klagten gegen diese Kündigungen, jedoch ohne Erfolg:

Der Arbeitgeber legte vor Gericht die unterdurchschnittlichen Leistungen der Mitarbeiter dar, die gemäß den Aufzeichnungen aus dem Warenwirtschaftssystem mit 72,86% bei dem einen Arbeitnehmer und 66,5% bei dem anderen Arbeitnehmer deutlich unter der Leistung der vergleichbaren Mitarbeitergruppe (116,1% der Basisleistung) lag. Nach Ansicht des Gerichts konnte der Arbeitgeber so darlegen, dass die Kläger jeweils die Durchschnittsleistung vergleichbarer Arbeitnehmer über einen längeren Zeitraum um deutlich mehr als ein Drittel unterschritten hatten. Die Richter hielten die Kündigung somit jeweils für gerechtfertigt.

Hat der Arbeitgeber vorgetragen, dass die Leistungen des Arbeitnehmers über einen längeren Zeitraum den Durchschnitt im vorgenannten Sinne unterschritten haben, ist es Sache des Arbeitnehmers, hierauf zu entgegnen, gegebenenfalls das Zahlenwerk und seine Aussagefähigkeit im Einzelnen zu bestreiten und/oder darzulegen, warum er mit seiner deutlich unterdurchschnittlichen Leistung dennoch seine persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpft. Hier können altersbedingte Leistungsdefizite, Beeinträchtigungen durch Krankheit, aber auch betriebliche Umstände eine Rolle spielen.

Legt der Arbeitnehmer derartige Umstände plausibel dar, so ist es alsdann Sache des Arbeitgebers, sie zu widerlegen. Trägt der Arbeitnehmer hingegen derartige Umstände nicht vor, gilt das schlüssige Vorbringen des Arbeitgebers als zugestanden. Die pauschale Angabe der Arbeitnehmer, sie seien durch Zuteilung vergleichsweise nicht lukrativer Aufträge systematisch benachteiligt worden, überzeugte das Gericht hingegen nicht. Es ist dann davon auszugehen, dass die Arbeitnehmer ihre Leistungsfähigkeit nicht ausgeschöpft haben.

Praxishinweis

Die Urteile belegen, dass Arbeitgeberkündigungen wegen Unterschreitung der „Normalleistung“ möglich sind. Bei quantitativen Minderleistungen orientiert sich die Rechtsprechung an den Werten, die für die Annahme einer grundlegenden Störung des Leistungsgleichgewichts herangezogen werden. Das Bundesarbeitsgericht geht insoweit bei unterhalb einer Grenze von etwa 1/3 liegenden Leistungen noch von einer hinnehmbaren und daher nicht von einer grundlegenden Störung des Leistungsgleichgewichts aus.

Kündigungen von Low-Performern bedürfen demnach gründlicher Vorbereitung: die Feststellung eines erheblichen Unterschreitens der Normalleistung von mindestens 1/3 einer geeigneten Vergleichsgruppe über einen länger anhaltender Betrachtungszeitraum. Dies setzt eine gewisse Anzahl vergleichbarer Beschäftigter voraus und stellt Arbeitgeber bei „Kleingruppen“ oder sehr individualisierter Tätigkeit vor kaum zu meisternde Herausforderungen. Oftmals ist zudem nicht klar, ob die objektiv festgestellte Low- Performance des Arbeitnehmers durch diesen gesteuert wird/werden kann.

Für die Frage, ob der Arbeitnehmer also mehr könnte, wenn er wollte (verhaltensbedingte Low-Performance; steuerbares Verhalten) oder nicht mehr könnte, selbst wenn er wollte (personenbedingte Low-Performance; nicht steuerbares Verhalten), ist der Arbeitnehmer aber in der Darlegungspflicht: Der Arbeitgeber braucht nur die erhebliche Minderleistung darzulegen, sodann ist es Sache des Arbeitnehmers hierauf substantiiert zu erwidern. Dabei kann er auch krankheitsbedingte Ursachen anführen, muss sich aber dazu konkret erklären. Fehlt es an einem konkreten Vortrag des betroffenen Arbeitnehmers, ist die Pflichtverletzung als von diesem steuerbares Verhalten anzusehen.

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