Bestehende vertragliche Lieferverpflichtungen können Unternehmen zurzeit häufig nicht oder nur verzögert erfüllen. Verursacher ist die Corona-Krise, die Produktion und Handel nicht oder nur eingeschränkt agieren lässt. Wer aber übernimmt die Haftung für Ausfall und den entstehenden Schaden bei Nichterfüllung der Liefervereinbarungen?
Pauschal lässt sich die Frage nicht beantworten, die vertraglichen Vereinbarungen und der Einzelfall sind maßgebend. Grundsätzlich übernimmt der Lieferant das Beschaffungsrisiko für die zu liefernde Sache. Bei Verstoß gegen die vertraglich vereinbarten Lieferpflichten drohen Verzug und Schadensersatz. Helfen können vertragliche Regelungen, die das Risiko zugunsten des Lieferanten einschränken.
Höhere Gewalt
Die höhere Gewalt (Force Majeur) befreit den Lieferanten vorübergehend von seinen Lieferverpflichtungen. Dieser sollte daher in seiner Liefervereinbarung nach Regelungen suchen, die den Lieferanten bei nicht abwendbarer höherer Gewalt von seinen Lieferverpflichtungen für ein gewisse Zeit befreit. „Fein heraus“ ist der Lieferpflichtige vor allem, wenn im Vertrag Pandemien/Seuchen oder staatliche Produktionsstopps als Grund für den Lieferverzug benannt sind.
Aber auch ohne ausdrückliche Nennung einer Pandemie stehen für den Lieferanten die Chancen aufgrund der Vertragsklausel „Höhere Gewalt“ gut. Vereinfacht dargestellt beschreibt die höhere Gewalt ein von außen kommendes, nicht abwendbares Ereignis, das nicht der Sphäre einer Vertragspartei zugerechnet werden kann. Ob die Corona-Krise eine höhere Gewalt in diesem Sinne darstellt, ist von der Rechtssprechung bislang noch nicht entschieden worden, da es seit 1945 keinen vergleichbaren Fall gegeben hat. Allerdings liegt diese Zuordnung durch die weltweiten staatlichen und behördlichen Maßnahmen sehr nahe.
Nichthaftung durch Selbstbelieferungsvorbehalte
Alternativ können vertragliche Selbstbelieferungsvorbehalte helfen. Wenn der Lieferant selbst nicht beliefert wird und er dies auch nicht zu vertreten hat, entfällt seine eigene Lieferverpflichtung.
Haftungsbegrenzungen
Als weiteren Rettungsanker bleibt dem lieferpflichtigen Unternehmen die vertragliche Schadenseingrenzung über vertragliche Haftungsbegrenzungen.
Weder noch
Ohne vertragliche Regelungen wird es für den Lieferanten eng. Im Einzelfall muss geprüft werden, ob nach den allgemeinen zivilrechtlichen Regelungen eine Unmöglichkeit für den Lieferanten vorliegt und in welche Risikosphäre dies nach der vertraglichen Regelung fällt. Als letzter Notnagel bleibt der Versuch, eine Vertragsanpassung zu erreichen, weil bedingt durch Corona die Geschäftsgrundlage entfällt. Allerdings befindet sich der Lieferant hier schon auf rechtlich dünnem Eis.
Empfehlung
Sorgen Sie vor mit einer professionellen Vertragsgestaltung.
Stand: 5. Mai 2020
Autor: Oliver Haaga, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater, Auren Stuttgart
Zum Download des Beitrags als PDF
Wenn Sie dieser Beitrag interessiert, lesen Sie auchRegelungen nach Ablauf des Kündigungsschutzes im GewerbemietrechtRisiken trotz Aussetzung der Insolvenzantragspflicht minimierenMietzahlungen einstellen in der Corona-Krise Insolvenzen, Zahlungsverzug, Stunden und weitere Maßnahmen – für Unternehmen und Verbraucher
Foto: Adobe Stock, Gajus
Kein Token oder Token ist abgelaufen.