Vereinbarung von Reservierungsgebühren zum Maklervertrag unwirksam

18/04/2024

In der Praxis lassen sich Erwerbsinteressenten bei Immobilienverkäufen verbreitet auf eine „Reservierungsgebühr“ ein: formulargestützt will sich der Makler darüber seine Bereitschaft, das „Wunschobjekt“ über einen definierten Zeitraum nicht weiter am Markt anzubieten, vergüten lassen.
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat nun mit seiner Entscheidung vom 20.04.2023 die Rechte der Kaufinteressenten bei Inanspruchnahme eines Maklers für den Kauf einer Immobilie gestärkt. Vorformulierte Reservierungsverträge von Immobilienmaklern unterliegen der allgemeinen Inhaltskontrolle für Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB). Eine dort vereinbarte Verpflichtung des Kaufinteressenten zur Zahlung einer erfolgsunabhängigen Reservierungsgebühr neben der Maklerprovision ist unwirksam. Und zwar auch dann, wenn die Reservierung gegen Geld nicht im eigentlichen Maklervertrag, sondern in einer späteren Vereinbarung separat erfolgt.

Zum Sachverhalt

In dem entschiedenen Fall beabsichtigte ein Interessent den Kauf eines von einer Immobilienmaklerin nachgewiesenen Grundstücks mit Einfamilienhaus. Es wurde ein Maklervertrag geschlossen und im Nachgang dazu ein von der Maklerin vorformulierter Reservierungsvertrag, mit dem sich die Maklerin verpflichtete, das Grundstück gegen Zahlung einer Reservierungsgebühr bis zu einem festgelegten Datum exklusiv für den Interessenten vorzuhalten. Dieser nahm jedoch wegen Scheiterns der Finanzierung vom Kauf Abstand und verlangte die Rückzahlung der Reservierungsgebühr.

Aus den Entscheidungsgründen

Anders als die beiden Vorinstanzen gab der BGH dem klagenden Kaufinteressen Recht und verurteilte die beklagte Maklerin zur Rückzahlung der Reservierungsgebühr, denn die entsprechende Formularvereinbarung benachteiligt den Kläger unangemessen (§ 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB).

Bei einem Reservierungsvertrag handelt es sich nach dem Inhalt der getroffenen Abreden nicht um eine eigenständige Vereinbarung, sondern um eine unselbstständige, auf den geschlossenen Maklervertrag abgestimmte und ihn ergänzende Regelung. Dass der Reservierungsvertrag in Form eines gesonderten Vertragsdokuments geschlossen wurde und deutlich später als der Maklervertrag zustande kam, steht dem nicht entgegen. Der Reservierungsvertrag wäre ohne den Maklervertrag nicht geschlossen worden, ist daher lediglich Ergänzung zum Maklervertrag als dem eigentlichen Grundvertrag.

Die BGH-Richter führten aus, dass der Reservierungsvertrag die Maklerkunden entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteilige und daher gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam ist. Gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist eine unangemessene Benachteiligung im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist. Nach Auffassung des BGH sei die Vereinbarung einer Reservierungsgebühr mit der gesetzlichen Regelung des Maklervertrags, der ein Maklerhonorar nur bei erfolgreicher Vermittlung des beabsichtigten Geschäfts vorsieht, jedenfalls dann nicht vereinbar, wenn die Rückzahlung der Reservierungsgebühr in jedem Fall, d. h. ohne jede Ausnahme, ausgeschlossen ist. Die unangemessene Benachteiligung bestehe daher bereits darin, dass die Rückzahlung der Reservierungsgebühr ausnahmslos ausgeschlossen ist, selbst wenn das Scheitern des Hauptvertragsabschlusses nicht vom Maklerkunden zu verantworten ist. Darüber hinaus haben sich aus dem Reservierungsvertrag weder für den Kunden nennenswerte Vorteile ergeben noch habe die beklagte Immobilienmaklerin eine geldwerte, äquivalente Gegenleistung zu erbracht. Der Kunde habe von der Reservierung nicht viel, weil es immer passieren könne, dass der Eigentümer einen Rückzieher mache oder die Immobilie am Makler vorbei auf eigene Faust verkaufe.

Außerdem kommt der Reservierungsvertrag im Ergebnis der Vereinbarung einer erfolgsunabhängigen Provision zugunsten des Maklers gleich. Dies widerspreche dem gesetzlichen Leitbild der Provision bei Maklerverträgen. wonach eine Provision nur geschuldet ist, wenn die Maklertätigkeit zum Erfolg geführt hat.

Ob daneben Aspekte der Formunwirksamkeit wegen Beurkundungsbedürftigkeit solcher Abreden oder der Sittenwidrigkeit (sittenwidrige Höhe der Gebühr im Sinn einer Knebelung bzw. des Aufbauens von Erwerbsdruck) zu berücksichtigen sind, lässt der BGH wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit offen.

Praxishinweis

Der BGH setzt damit seinen seit 2010 eingeschlagenen Weg zur AGB-Kontrolle von Reservierungsvereinbarungen fort. Sofern der die Reservierungsvereinbarung Abschließende auch Partner des Maklervertrags ist, sollte in der Praxis im Lichte des Falles von einer AGB-mäßigen Formulierung abgesehen werden, sofern nicht eine konkrete Gegenleistung erbracht wird. Das geschäftstypische Risiko ist eben der Vermittlungsprovision immanent und darf nicht zulasten des Kunden umqualifiziert werden. Bei Reservierungsvereinbarungen in Form einer individuellen Vereinbarung zwischen Makler und Kunden (was jedoch selten der Fall sein dürfte) bestehen hingegen größere Freiheiten. Denkbar ist aber auch, dass ausschließlich der Verkaufsinteressent den Makler beauftragt und der Erwerbsinteressent sich die Gelegenheit reservieren will. Bei klar getrennten Verträgen greift die AGB-Kontrolle gegenüber dem Hauptleistungsversprechen nicht ein. Einzelfallabhängig bliebe aber die Frage der Beurkundungsbedürftigkeit der Abrede zu beantworten. Reservierungsvereinbarungen haben mithin einen „schweren Stand“: Sie bedürfen einer sorgfältigen, in ihrer Höhe moderaten Gestaltung und sollten dem Kunden eine werthaltige Gegenleistung des Maklers, etwa dessen Mitwirken bei der Lösung der anstehenden Finanzierungsfrage, bieten.

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