Wegen Corona: mehr Rechte für Gewerbemieter

20/01/2021

Der Gesetzgeber hat zum Ende des Jahres die Verhandlungsposition von gewerblichen Mietern und Pächtern gegenüber ihren Vermietern deutlich gestärkt. Die Regelung betrifft gewerbliche Mieter, soweit Sie die angemieteten Räumlichkeiten aufgrund staatlicher Maßnahmen nicht oder nur eingeschränkt nutzen konnten und können (§ 7 Art. 240, Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB)).

Mit dem ausdrücklichen Zweck, die Verhandlungsposition der Gewerbemieter zu stärken und an die Verhandlungsbereitschaft der Vermieter zu appellieren, wird nun vermutet, dass die staatlichen Eingriffe (z. B. Zwangsschließungen) im Grundsatz eine Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) darstellen.

Die genauen Rechtsfolgen einer gestörten Geschäftsgrundlage bleiben allerdings offen.

Es erfolgt im Regelfall eine Vertragsanpassung an die Situation, welche Vermieter und Mieter unter Berücksichtigung beider Interessen getroffen hätten, wenn Sie die Situation bei Mietvertragsschluss gekannt und berücksichtigt hätten. Die Ausgestaltung der Anpassung ist vom Einzelfall abhängig und den Parteien überlassen (z. B. Minderung, Stundungen oder sonstige Maßnahmen).

Was im jeweiligen Einzelfall die richtige interessensgerechte Lösung ist, müssen die Vertragsparteien aushandeln. Insofern ist dies streitanfällig.

Wenn keine Einigung erzielt werden kann, besteht die Möglichkeit der Klage gegenüber dem Vermieter auf die aus Sicht des Mieters interessensgerechte Vertragsanpassung z. B. Minderung der Miete.

Auch für den Streitfall über die Vertragsanpassung hat der Gesetzgeber vorgesorgt: Klageverfahren über die Anpassung der Miete oder Pacht wegen staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Krise sind aufgrund einer Änderung der Zivilprozessordnung vorrangig vor anderen Klagen und beschleunigt zu behandeln. Ein erster Gerichtstermin soll bereits innerhalb eines Monats nach Klageerhebung erfolgen.

Fazit

Insbesondere alle über Betriebsschließungen und Beschränkungen direkt betroffene gewerbliche Mieter in allen betroffenen Branchen (z. B. Restaurants, Hotels, Frisöre, Einzelhandel) profitieren von der neuen Regelung.

Auch wenn dem gewerblichen Mieter keine bezifferten Rechtsansprüche gegeben werden, stärkt die Neuregelung die Mieterposition deutlich.

Sicher ist außerdem, dass ein nicht verhandlungsbereiter Vermieter es schwer haben wird, seine Position aufrechtzuerhalten.

Zudem besteht das Risiko der Entscheidung über die interessensgerechte Vertragsanpassung durch einen Richter. Im Falle einer Vertragsanpassung aufgrund des Wegfalls der Geschäftsgrundlage gilt der Spruch „Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand“ in besonderer Weise, da ein großer Beurteilungsspielraum für die Gerichte über die „richtige“ Vertragsanpassung besteht. Auch dieser Umstand dürfte die außergerichtliche Einigkeitsbereitschaft beider Seiten, insbesondere die der Vermieter, steigern.

Stand: 20. Januar 2021

Autor: Oliver Haaga, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht, Steuerberater, Auren Stuttgart

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